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Sommer, Gustav; Otte, Heinrich
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 9): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Eckartsberga — Halle a. d. S.: Otto Hendel, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.41968#0028
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iS

Kreis Eckartsberga.

Wei'tliern’sehe) jetzt Vorwerk genannte Rittergutshof liegt in der Nähe des Marktes.
— Der Schutzheilige der Stadt ist S. Wipertus; nach ihm wird ein Hügel vor dem
Backleber Thore der „Wipperg“ genannt, und sein Bild befindet sich auf dem Markt-
brunnen, auf der Rathhausthurmfahne und in dem Stadtsiegel mit dem Schilde der
von Werthern; s. Big. 10.
In den Jahren 1538, 1683, 1698 und 1795 wurde Cölleda von grossen Beuers-
brünsten heimgesucht. Das Feuer von 1698 wüthete namentlich in dem östlichen
Theile der Stadt, während 1795 der westlicli vom Markt belegene Theil zerstört
wurde. In der ersten Hälfte des 30jährigen Krieges war Cölleda zwar glücklich
verschont geblieben, hatte aber seit 1631 umsomehr zu leiden. Als im Jahre 1642
eine Witfrau ihre Aecker der Kirche vermacht hatte, konnte man „solche zur Zeit
nicht finden“, weil sie wüste und öde waren.
Die Stadt hat zwei Kirchen, die dem Hersfelder Localheiligen S. Wipertus
gewidmete Pfarrkirche an der Ostseite des Marktes und die im Johannesviertel
belegene jetzt nur zu Nebengottesdiensten benutzte Kirche Johannes des Täufers.
Letztere muss indess stiftungsmässig die älteste gewesen sein, da in einer Urkunde
von 14041 „sente Wypreclits Kerche eyn tochter der rechten pfarre Kerchen tzue
sente Johcmse“ genannt wird, und im Mittelalter an der Wipertikirche nurVicarien
fungirten. Höchstwahrscheinlich ist die Johanniskirche hervorgegangen aus jener
uralten Kirche, welche laut einer Urkunde vom 3. März des Jahres 802 in dem
Dorfe Collide zu Ehren der h. Apostel Petrus und Paulus errichtet war und von
den sechs Grafen Katan, Günther, Gumbraht, Rimis, Günther und Asolf und der
gottgeweihten Berthrat (als den muthmasslichen Stiftern) aus ihrem väterlichen
oder mütterlichen Erbantheile dem Kloster Hersfeld geschenkt wurde, nebst Re-
liquien, Heiligen Schreinen (capsis), Kreuzen, Gold und Silber, Gebäuden, Ländereien
etc.* 1 2 Der feierliche Ton dieser in der Pfalz zu Erfurt und in Gegenwart des mit-
unterzeichneten kaiserlichen Sendboten aufgenommenen Verhandlung, sowie der
hoch anzuschlagende Werth der Schenkung selbst lässt zwar mit Recht auf be-
sondere Bedeutsamkeit schliessen,3 die Kirche S. Petri und Pauli findet sich jedoch
später nicht mehr erwähnt und erscheint ganz verschollen, obgleich durch deren
Besitz neben der weltlichen auch die geistliche Lehnsherrlichkeit über Cölleda an das
Kloster Hersfeld gelangte. Der in einer Urkunde von 1224 (R ein, 2,129 No. 30) unter
den Zeugen genannte „Johannes plebanus de Kollede“ könnte noch an der alten
Petri-Paulikirche gestanden haben, welche wohl erst im Jahre 1266 den neuen
Titelheiligen Johannes den Täufer annahm, als bei derselben unter Leitung des
Abts Heinrich von Hersfeld ein aus dem Cistercienserinnenkloster Lacus (Brauensee)
entsandter Nonnenconvent angesiedelt wurde. Da die einzige bis dahin in Cölleda
vorhandene Kirche nun Klosterkirche geworden war, wird für die Stadtgemeinde
die Wipertikirche gegründet worden sein, wenn nicht etwa schon früher, so doch

Arzneikräuter (Pfefferminze, Liebstöckel, Angelika etc.) und der zum Theil auf offener Strasse
betriebenen Destillation ätherischer, aromatisch duftender Oele, wonach die Cölleda berührende
Saal-Unstruteisenbahn von dem Volksmunde den Scherznamen Pfefferminzbahn erhalten hat.
1 Vergl. H. F. Otto p. 548. XIV.
2 Helfr. Bernh. Wencks Hess. Landesgesch. II. Urkunden S. 18 N. XIII.
3 Knochen hauer, Geach. Thüringens S. 162.
 
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