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Haupt, Richard; Weysser, Friedrich
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg (Band 1): Die Bau- und Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg — Ratzeburg, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.25183#0068
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50

Lirchaus.

Jn der Gegend von Einhaus ist der heilige Ansverus (s. oben S. 3.
Masch 19 f.) mit seinen Gefährten auf der Flucht eingeholt und gesteinigt
worden. Daß man zum Gedächtnis an der Stelle seines Todes ein Sterbe-
oder Marterkreuz errichtet haben wird, daran kann man gar nicht zweifeln. Da
die Gebeine zu Ratzeburg waren, war jedoch kein Anlaß, die Verehrung des Hei-
ligen anderswohin als an das Grab und die Reliquien zu ziehen, und die Be-
sitzer der Gebeine und des Grabes werden es kaum gewünscht haben, daß jenem
Platze allzuviel Beachtung geschenkt oder durch Erbauung einer größeren Kapelle
der Zuzug hierher gelenkt ward. Daher ist, gesetzt auch, es hätte niemals eine Kapelle
au der Stelle gestanden, die sür Ansvers Todesstätte gilt, keineswegs ein Beweis
geliefert, daß Ansver keine Verehrung als Heiliger genossen habe, oder daß der Platz
seines Todes unbekannt geweseu sei und man jetzt nur fälschlich ein gewöhnliches
Unsallkreuz für sein Denkmal ausgebe.

Jn Brauns Städtebuch heißt es 1588, in einer Zeit, wo das jetzige Denk-
mal kaum viel über 100 Jahre alt und mit den die Bedeutung bezeugenden Jn-
schristen noch gut erhalten war: „an der Stelle von Ansvers Marter-
tum selbst ist ein Stein mit eingehauenem Kreuze gesetzt". Das-
selbe Kreuz, das noch heute steht, ist auf der spätgotischen, vielleicht zur selben
Zeit mit dem jetzt vorhandenen Kreuze gefertigten großen Altartafel im Ratze-
burger Dome mit abgemalt in der Darstellung von des Heiligen Tode*).

Daß man für den Stein im 15. Jahrh. die altertümliche (übrigens auch
der Dauerhaftigkeit sehr förderliche) Gestalt wählte, mag seinen Grund darin
haben, daß dieß Kreuz ein älteres ersetzte.

Man kann also nicht zweifeln, daß das jetzt stehende Kreuz an der Stelle
gesetzt ist, welche sür die von Ansvers Tode galt, und daß es zum Andenken ge-
rade dieses Heiligen gestiftet ist. Leider ist die Westseite, welche Hauptseite ge-
wesen sein muß, so gut wie zerstört. Auf der andern Seite hat, wie überall ja
Sitte, der Stister des Kreuzes, der Erneuerer dieses Denkmals, sein eigenes Bild,
am Kreuze kuieend, und sein Wappen angebracht.

Dr. Th. Hach, in der schl.-h. hist. Ztschrft. 17, 323—363, will erweisen, daß das Kreuz
Ansvers Denkmal nicht sein könne, weil für die Verehrnng eines so hochberühmten Heiligen ein Kreuz
kein würdiges Denkmal gewesen wäre, sondern man ohne Zweifel eine Kapelle würde errichtet haben,
wenn man die Stelle des Todes gekannt hätte. Wir haben oben gezeigt, daß 1) die Errichtung
einer Kapelle durchaus nicht nötig war und daß man 2) gar nicht wissen kann, ob nicht doch eine

lich an alten Nachrichten, und man verdankt es fast jedesmal nur einem Zufalle, wenn man von
einer der sehr zahlreichen Kapellen auch nur erführt, daß sie vorhanden gewesen. Vgl. Besen-
horst unter -Hohenhorn'; Hollenbeck. Uebrigens ist es anderswo ebenso; und noch heute stehen in
katholischen Landen allenthalben Kapellen anf dem Felde, oft größere Gebäude, deren iu Urkunden
und schriftlichen Denkmälern nirgend Erwähnung geschieht.

0 Diese Altartafel zeigt Leben nnd Tod des Heiligen. Daß sie 1681 übermalt ist, ist sehr
bedauerlich für den künstlerischen Wert; den Jnhalt hat man glücklicher Weise ganz unberührt
gelasseu.
 
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