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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1888

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Heft 3/4
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Vereinschronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7906#0031
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Vorliebe die weihevollsten Momente und Stimmungen und sucht die
größte und bedeutendste Wirkung zu erzielen.

Die Versammlung vom ;o. Januar brachte eine sehr reich-
haltige Ausstellung graphischer Arbeiten, u. A. von Or. L.
Albert (Heliogravüren), I. B. Dbernetter (Lichtdruck und Licht-
kuxferdrucke), Ed. Sack (Platindruck), (D. Eonsüe, G. Meisenbach,
Autotypie-Eomp. (verschiedene Zinkätzungen), Vogelfang &
Katfer, Jäger & Schwabenthan, I. B. Gbpacher (farbige
Lithographien) — fast lauter Arbeiten, welche hervorragende Leistungen
auf dem betreffenden Gebiete repräsentirten. Insbesondere erregten
die äußerst feinen Heliogravüren von Or. Albert und die für den
Export nach Amerika und England zusammengestellten Musterbücher
mit Farbendrucken auf Papier, Atlas und Seide von Gbpacher
berechtigtes Aufsehen. Die daran angeknüpfte Diskussion wurde von
I. v. Schmädel durch allgemeine Erklärungen über die prinzipiell
verschiedenen Druck-Arten — Hochdruck, Tiefdruck, Reaktions- (Flach-)
Druck — eingeleitet, worauf Unterstaatssekretär Or. v. HTayr durch
einige Fragen Or. Albert zu einer ungemein klaren und verständ-
lichen Darlegung der mit Hilfe des isochromatischen Ausnahmeverfahrens
ermöglichten Herstellung von tiefgeätzten Kuxferdruckxlatten auf dein
photochemischen Weg veranlaßte. Or. Albert ist bekanntlich der Er-
finder sowohl des isochromatischen Photograxhirens, wie des von ihm
beobachteten Verfahrens bei der Herstellung von Heliogravüren, die
weniger von derjenigen 3. 23. Dbernetters, dagegen sehr bedeutend
von dem ältesten — Gouxil'schen — Verfahren abweicht, welches
sich der Galvanoplastik bedient, und große Kosten durch die nothwendigen
Retouchen verursacht.

Balkon-Geländer.

Entworfen von Architekt Gnbr. Seidl; in Blech geschnitten und getrieben von
Hofschlosser Bußmann.

Diesem Ausstellungsabend folgte am \7. Januar wieder ein
Vortragsabend, an welchem Prof. Or. Karl Haushofer über die
„Verwendung von Kalk und Gyxs im Kunstgewerbe" sprach. Die
enorme Verbreitung des Kalkes (d. h. des Lalcium-Gxydes) in Form
von Kalkstein — kohlensaurer Kalk — und von Gyxs — schwefel-
saurer Kalk — macht denselben zu einem unendlich wichtigen Material,
dessen vielseitige chemische Eigenschaften und dessen je nach seiner
chemischen Zusammensetzung verschiedene Verwendbarkeit in Architektur
und Kunstgewerbe vom Vortragenden in fesselnder Rede beleuchtet wurde.
Zahlreiche ein- und mehrfarbige Gyps-Skulxturen dienten dazu, das
Gesagte wenigstens nach einer für die Bildhauerkunst hochbcdeutsamen
Seite zu illustriren. Es waren Arbeiten von F. Schneider, W.
Giesecke, L. G. Barth, E. L. Sand, E. Weißenfels,
R. Thiele, I. Koller, Ed. Müller, G.Schwab, G. Spieler,
A. wafinger, F. Bernaner, M. Prugger, K. Satzinger,
A. Gürtler, A. Stehle und L. Leigh.

Der nächste Vereinsabend, der 2$. Januar, war der Schlosser-
gilde gewidmet, welche denn auch eine Reihe der kunstreichsten Ar-
beiten dieser Gilde im Versammlungslokal vorführte. Speziell mit
Eisenarbeiten waren H. Müller, R. Kirsch, P. Kölbl 8c Sohn,

F. Ansoul 8c Eie., I. Söller, I. Wüstendörfer, R. Schmid,
I. Zimmermann, G. Stumpf, Hildebrandt, G. Hoffmann,

G. Gautsch und I. weddstein vertreten. Die waffcntechnik
wurde von A. Schwarzenberg, der Zinnguß von I. Licht-
inger und L. Bauernfreund vorgeführt. Kupfergetriebene
Arbeiten brachten A. Her gl, I. winhard und 6. Seitz, letzterer
glänzte durch eine kolossale in Kupfer getriebene Barok-vase. Außer-
dem waren die Probedrucke des durch die letztjährige Karlsruher

Schmiedeisen-Arbeiten- Aus st ellung geplanten Werkes über
moderne Schmiedeisenarbeiten ausgestellt. Unterstaatssekretär Or. v.
Mayr leitete die Diskussion über die Herstellungsweise einiger Stücke
durch einige Fragen ein, welche die Herren Kirsch, Bußmann, Max
Müller, Hergl in fachmännischer Weise beantworteten, worauf Prof.
Hauberrisser eine sehr interessante Darstellung der neuesten Ent-
wickelung der Knnstschmiedearbeit entrollte, wie sich dieselbe seit den
ersten diesbezüglichen versuchen für das neue Rathhaus gestaltete.

Am 3t- Januar folgte wieder ein Vortrag und zwar von Prof.
Or. Max Haushofer über „Gfenschirme", wobei der Redner die
Schilderung einer Reihe von (Ofenschirmen in geistvoller Weise mit
einem märchenartigen Roman zu verweben wußte. Zugleich waren
in großer Anzahl und verschiedenster Technik Gfenschirme rc. ausge-
stellt von F. v. Pausinger, Frln. Hudemann, Andr. Püttrich,
I. Ballin, G. Fuhrmann, L. Bernheimer, Frln. Bonzelius
(Stuttgart), I. A. Eyßer, (Nürnberg), G. Hirsch wald (Berlin)
und G. Hulbe (Hamburg).

Dem ursprünglichen Programin gemäß sollte am 7. Februar
der Fachabend der Goldschmicdgilde stattsinden; da aber im Ausschuß
beschlossen worden war, die Gildejahrtagsfeier auf die Zeit der Aus-
stellung, speziell auf den Delegirtentag der deutschen Kunstgewerbe-
vereine zu vertagen, so wurde ein geselliger Abend eingeschaltet,
der sich durch das schon am <5. Dezember aufgetretene Hilz' sche Guartett
u. s. w. sehr freundlich gestaltete. Unter den: mächtigen Eindruck
stehend, den die an diesem Tage ihrem Wortlaut nach bekannt ge-
wordene Reichstagsrede des Reichskanzlers vom s. Februar allenthalben
bewirkt hatte, gab der Vorsitzende bei der Eröffnung der Versammlung
der allgemeinen Erleichterung Ausdruck, worauf I. v. Schmädel in
kurzen, kernigen Worten die Bedeutung der Rede für unsere Ausstellung
hervorhob; den: Reichskanzler ein langes Leben zum Wohle Deutsch-
lands wünschend, verschaffte er den übervollen Herzen Gelegenheit, sich
in einem kraftvollen Hoch, wie es wohl selten in diesen Räumen er-
klungen, Luft zu machen. Im weitern Verlauf des Abends ging
folgendes Telegramm ab:

„An DcurschlandsKanzlev, Fürst Bismarck,Berlin.
Die heute versammelten Mitglieder des bayerischen
Runstgewerbevereins, der in kurzer Frist Deutsch-
lands Kunstgewerbe in nationaler Ausstellung hier
zu vereinen hofft, bringen Ew. Durchlaucht dank-
erfüllten Herzens begeisterte Huldigung dar. Im
Auftrag: Lange, J. Vorstand."

Eine größere Anzahl alter und neuer Musik-Instrumente, welche
z. Th. zu reizvollen Stillleben-Gruppen vereinigt waren, lenkte die
Betrachtung auf ein Gebiet hin, auf welchem das Kunstgewerbe noch
viel zu thun findet; — gleichzeitig waren die zur Konkurrenz um einen
neuen Umschlag für das Vereins-Adreßbuch eingelaufenen Arbeiten —
über die an anderer Stelle berichtet ist — ausgestellt.

Der z-p Februar siel als Fastuachtstag für die Vereinsabende
aus und der 2p Februar war der Generalversammlung gewidmet.

Der Goldschmied-Gildeabend — am 28. Februar — gestaltete
sich durch das Entgegenkommen vieler Besitzer alter Goldschmiedearbeiten
— zu einem besonders glanzvollen. An der Spitze der Ausstellung stand —
mit einer auf einem Hirsch reitenden Diana — S. K. f). Prinz Arnulf;
ferner hatten Prof. Or. Pringsheim, F. Radspielcr, sowie die
Antiquare A. 2. Drey, I. Drey und Gebr. Heilbronner werth-
volle Gbjekte gesandt. Mit neuen Arbeiten waren betheiligt: Ld.
Wollenweber, L. Haymann, L. Sperrer, Th. Schallmayer,
Th. Heiden, E. Rothmüller, Ferd. Harrach, A. Herberger,
A. Braun st etter, Prof. v. Miller, Prof, Halbreiter, G. Fritsch,
G. Messe, A. Blum, B. Gröser, A. Dallmayer, W. Rupp,
I. Herzner, <£. Leyrer, I. Kleis, A. Westermayer, sowie die
Kgl. Kunstgewerbeschule. Die Firma Sinn & Lie. (Bankgeschäft),
welche seit einiger Zeit die Vertretung der Berliner Gold- und
Silber-Scheideanstalt übernommen, hatte dem verein für diesen
Abend eine interessante Zusammenstellung von auf Gold- und Silber-
arbeiten Bezug habenden Präparaten überlassen: Schcidegold in Barren
und Bändern und feines Kornsilber; ferner in Legierungen: Barren,
Bleche, Dräthe, (auch solche für Eheringe); weiters solche Silber- und
„Güldisch"-Barren, welche aus dem Zusammenschmelzen der Abfälle ent-
stehen und von der Firma Sinn zum Zweck des Scheidens angekauft
werden. Die Diskussion über verschiedene einschlägige Fragen gab
 
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