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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 4.1907/​1908

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Heft 1
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Versteckte Bilder im Thomaskirchlein bei Villach
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https://doi.org/10.11588/diglit.57691#0029
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Nr. i.

BLÄTTER FÜR GEIVfÄLDEKUNDE.

3

Dachreiter ist grün gedeckt. Tor holz-
braun. Am heiligen Nikolaus be-
merken wir ein rotes Pluviale mit grünen
Aurifrisien. Die Kasel ist bläulich und
weist eine Goldborte auf. Darunter noch
ein Stückchen Alba sichtbar. Sankt Bar-
tolomäus hält ein rotes Buch mit
Goldbeschlägen und Schließen. Weißer
Mantel mit blaugrüner Fütterung. Ge-
mustertes Brokatgewand. Sankt Bric-
cius, wenn diese Bestimmung Recht
behält, trägt eine Art roten Tappert
(Tabard) oder eine kurze Schaube
(Houppelande), grünlichblaue Hosen
und saftgrünen Kragen sowie eine rote
Mütze mit weißem Pelzrand.
Auf weichem Holz (Fichte oder
Tanne) sitzt unmittelbar der weiße Grund
und auf diesem die Farbe, die man
wohl nur für alte Tempera ansprechen
kann.
Breite 1*53 m, Höhe 1 m. Auf den
alten, schmalen Holzrahmen kommen
davon an jeder Seite gegen 8 cm.
Drei der heiligen Gestalten sind
nach den beigegebenen Attributen mit
Sicherheit zu benennen. Für die Deutung
Sankta Lucia und Sankt Briccius kann
ich nicht unbedingt einstehen. Am
meisten Bedeutung beansprucht wohl
die Figur der heiligen Kunigunde,
der Gemahlin Kaiser Heinrich II., die
auf den bildlichen Darstellungen ent-
weder die Pflugschar oder eine Kirche,
den Bamberger Dom, im kleinen bei-
gegeben erhält. Der viertürmige Bau,
wie er auf dem Bilde vorkommt, ist
verhältnismäßig gut charakterisiert und
weist uns mit Entschiedenheit auf Be-
ziehungen des Bildes zum Bamberger
Bistum hin. Ich meine nicht, daß das
Bild in Bamberg gemalt wäre, doch
läßt sich eine Beeinflussung durch
fränkische Kunst wohl annehmen. Dem
Stil des Bildes kommen wir durch das
Ausschließungsverfahren ziemlich nahe
an den Leib, ohne daß ein bestimmter
Malername oder ein sicherer Entstehungs-

ort genannt werden dürfte. Dem Kunst-
bewanderten wird es bald klar, daß alt-
italienische Entstehung ausgeschlossen
ist, daß an altspanische, altfranzösische,
altböhmische Herkunft nicht zu denken
ist; auch altniederländisch kann das
Bild nicht sein, sondern nur alt-
deutsch. Innerhalb Deutschlands läßt
sich dann eine Kölner und westphälische
Herkunft, eine Entstehung in Nord-
ostdeutschland, wohl auch im südlichen
Westdeutschland abweisen. Als möglich
bleiben Franken und die östlichen
Alpenländer übrig, wobei man kaum
irregehen wird, wenn man sich vor-
stellt, das Gemälde sei unter frän-
kischem Einfluß wohl in Kärnten
selbst entstanden. Die Entstehungs-
zeit läßt sich nach Analogien als die
erste Hälfte des 15. Jahrhunderts an-
nehmen. Die steife Haltung der Figuren,
die strenge Zeichnung und reihenweise
Anordnung klingen noch an die roma-
nische Malerei an, wogegen die verhältnis-
mäßig reichen Einzelheiten auf die reife
gotische Periode hinweisen.
Ungefähr aus derselben, möglicher-
weise aus früherer Zeit und von einem
kunstverwandten Meister, stammt die
zweite etwas kleinere Tafel in der Fel-
lacher Thomaskirche, ein etwas derber
als das vorbeschriebene ausgeführtes Bild
mit folgenden Heiligenfiguren: Links,
wie es scheint, Alexius mit Stab, Dolch,
Rosenkranz und dem Geldbeutel. Da-
neben Elisabeth mit zinnoberrotem,
grüngefütterten Mantel und blauem
Kleide. Weiterhin Maria in blauem
Mantel mit rotem Futter. Es folgt gegen
rechts Barbara in hellgelbem, blau ge-
fütterten Mantel, endlich der Titelheilige
Thomas in grünem, rot gefütterten
Mantel.
Nadelbaumholz, das mit Leinwand
bezogen ist, auf welcher der weiße Grund
aufgetragen ist. Breite 1*09, Höhe o*88 m.
Im Rahmen einige wenige Reste
alter gotischer Mönchsschrift.

1*
 
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