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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 5.1909/​1910

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Heft 2
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Frimmel, Theodor von: Aus dem Palazzo Caiselli in Udine
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30

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 2

Deckengemälde dieses Palastes und
die Skizze im Museo Poldi-Pezzoli be-
nützen dieselben zwei Hauptfiguren, die
auf dem Tiepolo Caiselli vorkommen.
Die Farbenskizze hat nur die Haupt-
gruppe und einige Puttini. Im Palazzo
Dona fehlt die Fama. Die stürzende
Figur kehrt dort mit allerlei starken
Varianten im Gegensinne wieder. Was
die Hauptfiguren betrifft, so sind sie
aber keineswegs auf dem Plafond in
Venedig einfach nach dem Gemälde in
Udine kopiert, auch das Umgekehrte
ist sicher nicht der Fall, sondern es
finden sich in vielem einzelnen bedeu-
tende Abweichungen. Bei der Verglei-
chung der Photos nach beiden Bildern*)
fällt sogleich die ungeheure räumliche
Verschiedenheit im Abstand des rück-
lings herabschwebenden Engelchens vom
linken Bein der geflügelten Siegesfigur
auf. Die Flügel und die Gewänder sind
auf beiden Bildern völlig abweichend ge-
zeichnet und geformt. Die lanzenhaltende
Hand ist auf beiden Bildern gründlich
verschieden.
Verwandt mit den Hauptfiguren,
aber wieder nicht identisch sind die
Mittelfiguren auf dem Deckengemälde,
das bei Chennevieres**) aus dem Be-
sitze des Herrn Baron Alphons Roth-
schild abgebildet ist.
Die Haltung der Hauptfigur kehrt
bei Tiepolo nicht selten in ungefähr
derselben Art wieder, z. B. an der
Flora im Palazzo Rezzonico zu Venedig
(Chennevieres, S. 56) und in anderem
Zusammenhang auch auf den Fresken
des Palazzo Labia.

*) Die Decke im Palazzo Dona dalle
Rose zu Venedig ist von Carlo Naya aufge-
nommen, ebenso eine ziemlich lange Reihe
anderer Werke Tiepolos. Die Skizze im Museo
Poldi-Pezzoli wurde durch Brogi aufge-
nommen. Für Auskünfte über die Skizze bin
ich Herrn Sekretär Cav. R. Marino Vigano
zu Dank verpflichtet.
**) Henry de Chennevieres: „Les Tiepolo“
(1898), S. 37.

Was die Famafigur betrifft, so
findet sie eine Art Doppelgängerin in
einer Figur an der Decke des Palazzo
Dugnani in Mailand.
Noch kleinere Züge, die den Tie-
polesken Charakter des Deckenbildes
im Palazzo Caiselli beweisen, könnten
die Menge aufgezählt werden, wenn
nicht ohnedies die Benennung des Bildes
sonnenklar wäre.
Oben wurde erwähnt, daß die Skizze
Tiepolos im Museo Poldi-Pezzoli zu
Mailand zum Gemälde in Udine und
nicht zur Decke im Palazzo Dona dalle
Rose zu Venedig gehöre. Das leuchtet
vollkommen ein, wenn man die Ab-
bildungen der drei Werke vergleicht.
Der geringere Abstand zwischen dem
rücklings herabschwebenden Amoretten
und den Beinen der Siegesgöttin, sowie
die Massenanordnung der Gewänder
entsprechen in der Skizze viel mehr
den analogen Zügen des Udineser
Bildes, als denen im Palazzo Donä. In
der Skizze, sowie im Udineser Gemälde
fehlt noch ein fallender Lorbeerkranz,
der im Deckengemälde zu Venedig
recht auffallend neben der Hauptgruppe
bemerkt wird. Die Entwicklungsreihe
wäre also folgende:
1. Die Skizze im Museo Poldi-
Pezzoli.
2. Das Gemälde bei Caiselli in
Udine.
3. Die Decke im Palazzo Donä dalle
Rose zu Venedig.
Nun gibt es aber im Besitze des
Grafen Caiselli noch vieles andere,
das sich in der seit Jahrhunderten durch
Kunstsinn ausgezeichneten Familie ver-
erbt hat, das zu bemerken wert wäre
und von dem wenigstens einiges im
Folgenden andeutungsweise besprochen
werden soll.
Das Porträt eines Architekten
oder Bildhauers, eine lebensgroße Halb-
figur, die anbei abgebildet wird, ist
 
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