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3. Der Totenfährmann Charon; Detail aus einem Gemälde des D.v. Wijnen im Herzog Anton

Ulrich-Museum, Braunschweig

Haltung und Miene des Gestirnforschers deuten auf einen Zustand starker innerer Konzen-
tration. Er scheint im Begriff zu sein eine ihm gerade offenbarte Himmelserscheinung auf der
vor ihm liegenden Seite in einer Notiz festzulegen. Das Phänomem am Himmel um das es sich
handelt, ist in der rechten Hälfte der Bildfläche zu sehen und wird mit gespanntem Erstaunen
beobachtet von einem jugendlichen Zuschauer, der sich hinter dem Rücken der Hauptperson
befindet. Merkwürdigerweise ist dieser Zuschauer nicht nach exotischer oder antiker Art, son-
dern im Stil des 17. Jahrhunderts gekleidet. Über den Wogen eines sich gespensterhaft bis über
den Rand des Zauberkreises erstreckenden Meeres ist, im hellen Mondlicht, gegen den dunkeln
Himmel, eine Gruppe von drei Figuren sichtbar. Aus der Wasserfläche erhebt sich eine athle-
tische männliche Gestalt mit gebogener Nase, unwirschen Zügen, einem spitzen Teufelskinn und
wilden schwarzen, von einem Stirnreif gebändigten Locken. Seine kräftigen Schultern sind mit
zarten transparenten, farbig getupften Schmetterlingsflügeln ausgestattet. Mit einer theatralisch
untergebenen Gebärde der Begrüssung wendet er sich, wie es scheint, an die Hauptperson.
Durch den Zusammenhang der Komposition und die seitwärts weit ausladende Geste seines
linken Armes steht er jedoch zugleicherzeit in enger Beziehung zu den beiden Figuren über
seinem Kopf, die als eine einheitliche Gruppe, vor dem nächtlichen Himmel schwebend dar-
gestellt sind. Es handelt sich um ein olympisches Liebespaar. Ein junger Gott, mit langen, im
Nacken zusammengehaltenen Locken löst sich mit einem Abschiedskuss aus der zärtlichen
Umarmung seiner Geliebten. Zugleich gibt er, mit der Rechten nachdrücklich herunter weisend,
zu erkennen, dass die Erscheinung der aus den Wogen emporragenden Figur mit den Schmetter-
lingsflügeln die Ursache davon ist, dass das wonnige Zusammensein gestört wird. Seine Geliebte

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