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Bulletin du Musée National de Varsovie — 37.1996

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Nr. 3-4
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Dobrzeniecki, Tadeusz: Ideengehalt der "Grablegung" Caravaggios
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https://doi.org/10.11588/diglit.18945#0182
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Marias als Corredemptrix, vollbracht durch ihr Opfer, zum Ausdruck.32 Maria
im Gemälde Caravaggios scheint einen verwandten Ideengehalt auszudrücken.

Auf dem im Louvre befindlichen Gemälde, das Annibale Carracci für Chiesa
di San Francesco a Ripa in Rom (Abb. 2)33 vermutlich in der späten Periode
seines Schaffen und mit bedeutender Werkstatt-Beteiligung ausführte, hat
Maria einen ähnlich zurückhaltenden Ausdruck wie bei Caravaggio. Ihre
unklare, feine Geste läßt sich gar nicht so einfach interpretieren, genauso wie
bei Caravaggio. Die Autoren des Ausstellungskatalogs der Carracci schreiben in
Zusamenhang mit dieser Komposition von einer monumentalen Strenge:
“l’austerità monumentale”34. Dieses Gemälde läßt den tiefen Unterschied
zwischen dem Stil Carraccis und dem manieristischer Züge entbehrenden Stil
Caravaggios erkennen.

Emile. Mâle will in der Geste der Hand Marias einen Kommentar zum
Quälen Christi sehen35: Maria scheint dem Sohn zu sagen: “Das hat dir Welt
angetan” - das wäre auf jeden Fall ein Gedanke, der von keinem besonders
schmerzvollen Ausdruck im Gesicht Marias begleitet wird. Vielmehr sollte
man in diesem Bild der Hl. Jungfrau eine gleichsam post factum gegebene
Zustimmung zum Opfertod Christi sehen. Man kann davon ausgehen, daß die
Art und Weise, wie Caravaggio die Hl. Jungfrau auf seinem Gemälde
dargestellt hat, in dieser Hinsicht an das Werk Annibale Carraccis angenähert
ist.

Der Aufsatz über das im Nationalmuseum Warschau ausgestellte Werk
Caravaggios veranlaßt mich dazu, meines Freundes Professor Doktor Jan
Bialostocki zu gedenken, der in seiner Publikation aus dem Jahre 1955
ausführlich das Schaffen Caravaggios behandelt hat.36

Überzetzt von Barbara Ostrowska

32 Dohrzeniecki, Mediaeval Sources..., op. cit., S. 24.

33 Abb. bei M. Belvianes, Die Madonna in der Malerei, Wiesbaden-Berlin, oj., fig. 33.

34 Mostra dei Carracci, Catalogo. Palazzo dell’Archigimnasia, Bologna 1956, Nr. 113.

35 E.Mâle, L’Art religieux après le Concile de Trente, Paris 1932, S. 285, Abb. 167.

36 J. Bialostocki, Caravaggio, Warszawa 1955.
 
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