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Bulletin du Musée National de Varsovie — 42.2001

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Scholz, Piotr O.: Wer war Merkurios, der "Bezwinger des Bösen" in der Wandmalerei aus Faras/pachoras?: Ikonizität des Drachentöters im Niltal$nElektronische Ressource
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https://doi.org/10.11588/diglit.18950#0203

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Selbstverstandlich gehórt der Reiter nicht zu den altesten Topoi dieser
Ikonographie. Neben den statuarischen Bildnissen - auch in der Haltung
des Siegers iiber die Feinde184 - erlangten besonders die thronenden
Herrscherdarstellungen1S5 allgemeine Kanonizitat, denen sich dann, aus dem
Orient kommend, die ais Wagenlenker186 und spater auch die ais Reiter
anschloEen. Besonders in der Spatantike festigten sich unter dem EinfluE der
persischen Herrschaftsikonographie einige ikonische Formen, die auch in die
Ikonographie der Reiterheiligen einflossen, die man von der Typologie her nur
sehr schwer unterscheiden kann.18 Sie breitete sich seit dem Hellenismus im
Mittelmeerraum aus und ist mit dem Imperium Romanum auch zum Erbe des
Abendlandes geworden.188 Ein Hinweis auf das Jagdbild erscheint
nebensachlich, weil sich die meisten Darstellungen der Jagd zu RoE auf
Flerrscher bezogen,189 die sich in ihrer Typologie kaum von denen des
kampfenden Kónigs unterschieden haben. Moglicherweise zog man deshalb im
Westen das Bild des Reiters ais Adventus im Triumphzug vor.190

Das Zusammenspiel der Idee des Kdnigtums mit seiner Ikonographie kann
sich nur mit vergleichbaren religiosen Vorstellungen messen.191 Man kann
behaupten, daE dabei die gleichen Mechanismen mitgewirkt haben, auf die das
sakrale Kónigtum ais Grundlage fur das Verstandnis des „wahren” Herrschers
zuriickzufuhren ist.

Schramm u. a., Die deutschen Kaiser und Kónige..., op. cit.; s. auch ders. u. a., Denkmale der
deutschen Kónige und Kaiser, 2 Bde, Miinchen 1962-1978.

184 In Agypten ist das ein charakteristischer Topos, den man seit der Narmer-Palette verfolgen kann,
vgl. hierzu R. Gundlach, DerPharao undsein Staat, Darmstadt 1998, S. 73-86. Ich habe schon auf
den Sachverhalt und die Relevanz der Konzeption von Kantorowicz („Die zwei Kórper...”, op. cit.)
in meinem Beitrag Abu Simbel, in Stein nerewigte Herrschaftsidee, Koln 1994, S. 26, hingewiesen.

185 Zwar sind thronende Herrschaftsbildnisse seit altersher im Alten Agypten belegt (hierzu reicht
ein Uberblick iiber beliebige kunstgeschichtliche Monographien iiber das Alte Agypten), die
christlichen Herrschaftsvorbilder scheinen aber von der parthischen Frontalitat (M. Rostovtzeff,
A history ofthe ancient word, Oxford 1926, passim) beeinfluSt gewesen zu sein (dazu ausfuhrlich
mit Literaturangaben: Scholz, „Ikonizitat...”, op. cit., S. 301-336, bes. 312). Es ist nicht unerkannt
geblieben, dal? die nubischen Herrscher nicht thronen, sondern stehen oder reiten.

186 S. Piggott, Wagon, chariot and carriage. Symbol and status in the history of transport,
London 1992, S. 37-68.

187 Die christliche Symbiose mit heidnischen Vorbildern sowie die Hervorhebung des Reiters ais
Heiligen macht ihn dem Herrscher, der oft sakral verstanden wurde, vergleichbar. S. dazu K.
Goldammer, „Die Welt des Heiligen im Bilde des Gottherrschers”, in: La regalitd sacra, (Studies
in the History of Religions, Supplements to Numen IV), Leiden 1957, S. 513-530.

188 Grundlegend mit zahlreichen Beispielen: Schramm, Herrschaftszeichen..., op. cit., vgl. Reiter-
darstellungen an S. 798, 847, 858, 923.

189 Weitzmann, Age of Spirituality..., op. cit., S. 83ff.

190 E. H. Kantorowicz, „The 'King's advent' and the enigmatic panels in the doors of Santa Sabina”,
Art Bulletin 26, 1944, S. 207-231, dt. in: ders., Gótter in Uniform..., op. cit., S. 91-147; D.
Stutzinger, „Der Adventus des Kaisers und der Einzug Christi in Jerusalem”, in: H. Beck und P. C.
Boi (Hrsg.), Spatantike und friihes Christentum, Ausstellungskat., Liebieghaus, Frankfurt
a. M. 1983, S. 284-307.

191 Herrscherikonographie gehórt traditionell zu einem der Hauptthemen der archaologischen
(numismatischen) und kunsthistorischen Forschung (vgl. bereits zitierte Publikationen von
Schramm, Anm. 28, 75 u. 183; s. auch Anm. 176 u. 178). Sie hat kaum an Aktualitat verloren,
wenn man die gegenwartigen Bildnisse der politischen Prominenz - ob in Photographie oder in

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