Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bulletin du Musée National de Varsovie — 42.2001

DOI article:
Scholz, Piotr O.: Wer war Merkurios, der "Bezwinger des Bösen" in der Wandmalerei aus Faras/pachoras?: Ikonizität des Drachentöters im Niltal$nElektronische Ressource
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18950#0209

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Beriicksichtigt man weiter die fortwirkende „Lebendigkeit des Bildes”, so
wird verstandlich, daE der Konig wie der Heilige noch aus dem Jenseits so
wirkungstrachtig blieb, daE seine bildhafte Anwesenheit ebenso wie seine
tatsachliche Prasenz das Haus Gottes vor seinen Feinden schiitzen konnte.
War der historische Konig Merkurios aber dazu pradestiniert?

2.2. Konig Merkurios (ca. 696-710) - iiber den das Quellenmaterial immer
noch diirftig ist - gehort nicht nur ais „neuer Konstantin”, sondern auch ais
erfolgreicher Krieger, der sich gegen die verstarkten Islamisierungstendenzen
und Angriffen aus dem Norden zur Wehr setzte, zu den wichtigsten christlichen
Herrschern Nubiens.226 Er vereinigte die beiden bisher selbstandigen christlichen
Reiche Nobadien im Norden und siidlich davon Makurien zu einem Konigreich
(um 704). In beiden Teilen des Staates wurde er verehrt und dargestellt, was
die erhaltenen Bildnisse in vielen Kirchen belegen. Er unterhielt intensive
Beziehungen zum alexandrinischen Patriarchat und wurde auch von ihm
hochgeschatzt.22' Kirchenpolitisch war er eng mit dem sog. Monophysitismus
(nach Franęoise Nau, was auch C. Detlef G. Muller postuliert, soli man von
Diplophysitismus sprechen) verbunden. Ob er dazu iibergetreten ist, wie das
gerne behauptet wird,228 muE bezweifelt werden, weil das Christentum des
nubischen Niltals nur kurzfristig von Melkiten beeinfluEt worden war.229 Dies
wird angesprochen, weil man betonen muE, daE Merkurios sich gegeniiber den
byzantinischen Nachfolgern Konstantins ais gleichwertiger und selbstandiger
Herrscher betrachtete. Das byzantinische Imperium und die dortigen Elerrscher
empfand man ais Konkurrenz, was u.a. mit der grundsatzlichen Einstellung der
Kirchen des alexandrinischen Patriarchats zusammenhing. Man kann hoffen,
daE die weiteren Forschungen im Raum von Dongola, die ebenfalls noch von
Kazimierz Michałowski initiiert worden sind und inzwischen iiber 35 Jahre
gefiihrt werden,230 weitere Ergebnisse und Erkenntnisse bringen werden.

Merkurios, in der griechischen Inschrift von Tafa (710) ais „Liebhaber
Christi” bezeichnet,231 was an altagyptische konigliche Traditionen erinnert,

226 U. Monneret de Yillard, Storia della Nubia cristiana, Roma 1938, S. 79-83; S.C. Munro-Hay,
„Kings and kingdoms of ancient Nubia”, Rassegna di studietiopici, 39, 1982-1983, S. 87-139,
bes. 97ff.

227 G. Vantini, The excavations at Faras. A contribution to the history of Christian Nubia,
Bologna 1970, S. 186f.

228 Zu der immer noch intensiv diskutierten Problematik um den Charakter des nubischen
Christentums (M. Krause, „Zur Kirchen- und Theologiegeschichte Nubiens”, in Kunst und
Geschichte Nubien..., op. cit., S. 71-86): monophysitisch (gegewartig wird vorgezogen von
„Miaphysitismus” zu sprechen, dazu D.W Winkler, Koptische Kirche und Reichskirche, Innsbrucker
Theologische Studien 48, Innsbruck 1997, S. 195-200) oder dyophysitisch, kann festgehalten
werden, daE trotz den Versuchen von S.G. Richter (Studien zur Christianisierung Nubiens, Sprachen
und Kulturen des christlichen Orients 11, Wiesbaden 2002, dazu meine Besprechung in: Oriens
Christianus 87, 2003) noch keine zufriedenstellende Antwort vorliegt.

229 P.O. Scholz, „Nubien”, in: TRE 24, 1994, S. 682-698, bes. 687f.

230 S. Jakobielski, „Polish excavations at Old Dongola”, in: Dongola-Studien, S. lff.

231 J. Kraus, Die Anfange des Christentums in Nubien, Missionswissenschaftliche Studien II,
Módling b. Wien 1931, 114f.

207
 
Annotationen