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Bock, Franz
Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters: oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung (Band 2) — Bonn, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.26751#0306
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Noch im XIII. Jahrhundert, als Honorius von Autun seine
Gemma Animae schrieb, hatte die cappn in französischen Kirchen
ihre ursprüngliche Bedeutung bewahrt; er sagt nämlich an einer
Stelle seiner Schrift: ))Cappa propria vestis est cantorum.n
In Italien scheinen seihst die Päpste schon in früher Zeit
eine Art cappa getragen zu haben, die jedoch hinsichtlich ihrer
grossem Ausdehnung und ihres Schnittes sich wesentlich von der
cappa der Chorsänger und niedern Cleriker unterschieden haben
wird. Es redet nämlich der heil. Petrus Damianus den Gegenpapst
Cadalous an einer Stelle in folgender Weise an: Habes rnore Ro-
mani Pontiücis, rubearn cappam.
Wie überhaupt in den verschiedenen Kirchen die Bezeichnung
für die einzelnen liturgischen Ornate im Mittelalter keine gleich-
artige war, so ist nicht nur bei Amalarius Fortunatus, sondern auch
selbst im oben gedachten Ordo Romanus, wie es scheint, die Bezeich-
nung casafa und p/aa<ün für jenes Gewandstück gebräuchlich, das in
andern Diöcesen in nicht viel späterer Zeit fast durchgängig cappn
genannt wird. Nach dem eben gedachten Ordo Romanus tragen nicht
nur die Subdiaconen, sondern auch die Akolythen eine pdmcü/, bei
liturgischen Functionen. Amalarius Fortunatus sagt sogar, dass
die casa/a ein allen Olerikern gemeinschaftliches Gewand sei*).
Der letztgedachte Liturgiker beschreibt auch diese allen Olerikern
zuständige cu.sa/u, indem er sagt: casula dupla est, post tergum
inter humeros, et ante pcctus. Es leuchtet nun ein, dass zwischen
der casa^a oder pAmgü?, wie sie der Bischof, dessgleichen auch der
celebrirende Priester trug und zwischen den mit gleichem Namen
benannten Gewändern, wie sie nach Amalarius und dem Ordo Ro-
manus die Ministranten und niedern Cleriker zu tragen pflegten,
nicht nur hinsichtlich der Kostbarkeit des Stoffes , sondern mehr
noch hinsichtlich des Schnittes ein bemerkenswert-her Unterschied
obwalten musste. Wir sind der Ansicht, dass die castda für die
Ministranten und untergeordneten Cleriker mit dem anderwärts
meistens cappn benannten Gewandstücke übereinstimmend gewesen
sein dürfte. Und in der That konnte die Verwechslung dieser bei-
den Ornatstücke um so leichter statthnden, da bloss durch Eröff-
nung der Zusammensetzungsnaht auf der vordem Seite der caga/a
dieselbe sich sofort zu einer cuppn, d. h. zu einem faltenreichen
weiten Mantel, umgestalten liess, der nach der vorderen Seite hin

9 Amalarius Fortunatus. iib. 11-, cap. 19.
 
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