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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0009
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IM ach dem heutigen Standpunkte der historischen Forschung, die
sich nicht mehr darauf beschränkt, die leuchtenden Gestirne, die epoche-
machenden Momente der Geschichte herauszugreifen und aus der Betrach-
tung derselben das Gesammtbild einer Zeit zu bilden, sondern dieselben
vielmehr unter den mannigfachen Gesichtspunkten betrachtet, welche sie
bedingten und auf sie einwirkten, — bei einer solchen Betrachtungsweise
wird gerade die Zeit der Entwicklung bis zu einem bestimmten Höhen-
punkte, wird das naive Ringen nach dem Vollkommenen das besondere
Interesse des Forschers in Anspruch nehmen.

In der Geschichte der Malerei sehen wir namentlich das Studium
der italienischen Schule nach dieser Richtung mit Eifer und Erfolg be-
treiben, und ein ähnliches Streben hat sich eine Zeit lang auch in der
älteren niederländischen Malerei geltend gemacht. In dem allerersten
Stadium steht diese Art der Forschung jedoch erst für die Geschichte
der flamändischen und noch in höherem Grade der holländischen Malerei.
Während heute schon auf den Bildermärkten, namentlich in Paris, wo
man die malerischen Qualitäten am höchsten schätzt, die Gemälde der
älteren holländischen Meister: eines Jan van Goyen und Salomon Ruis-
dael, eines Simon de Vlieger und Dirk Hals zu hohen Preisen, die Bild-
nisse eines Frans Hals sogar für dieselben Summen erstanden werden,
wie die Meisterwerke der berühmtesten Bildnissmaler, ist die Geschichte
dieser Zeit fast ausschliesslich auf die wenigen Detailstudien beschränkt,
welche der geistreiche französische Litterat T. Thore (unter dem Pseu-
donym W. Burger bekannt) über die Werke einzelner Meister angestellt
hat, deren Fortsetzung und Verarbeitung leider durch seinen plötzlichen
Tod abgeschnitten ist. Wie weit die heutige Kunstliteratur noch von
einer richtigen Würdigung und eingehenderen Kenntniss dieser Epoche
entfernt ist, davon giebt namentlich Waagen in seinem „Handbuch der
deutschen und niederländischen Malerschulen" Zeugniss, welcher die
Meister dieser Zeit, soweit er sie überhaupt berücksichtigt, theils unter

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