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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0014
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— 6 -

Allmälig gewinnen diese localen Bestrebungen einen grösseren Zu-
sammenhang; es treten hervorragende Meister unter der Menge hervor
und sammeln um sich Schulen, in welchen bestimmte Gegenstände und
Richtungen stärker ausgeprägt und vervollkommnet werden. So Esaias
van Velde für die Verbindung von Landschaft und Genre, namentlich in
seinen kleinen Schlachtenbildern, J. van Goyen und P. Molyn für die
Landschaft, A. van Venne und P. Quast für das Genre, endlich für das Bild-
niss Michael Mirevelt, Jan van Ravesteyn, Jan Gerritz Cuyp, Thomas de
Keyser, Frans Hals. Wie Frans Hals unter diesen Meistern selbst als
der erste hervorragt, so ist auch die Schule, welche sich um ihn bildet,
die grosseste und bedeutendste. Durch Hals gelangt das Malerische
als solches zur höchsten Ausbildung; die einzige mögliche Weiterbildung
desselben unter der Entwicklung der Beleuchtung blieb Rembrandt und
seiner Schule vorbehalten.

Wo wir hervorragende Leistungen des menschlichen Geistes, wo wir
Schöpfungen der Kunst vor Augen haben, wird sich uns unwillkürlich die
Frage nach dem Urheber aufdrängen. Freilich soll uns das Kunstwerk
an sich schon völlig befriedigen: aber ist nicht gerade das, was es zum
eigentlichen Kunstwerk macht, ein Ausfluss der Subjectivität, ein Theil
des innersten Ich des schaffenden Künstlers? Und wo tritt dasselbe wohl
so lebendig uns entgegen als in den Werken der holländischen Malerei,
in den Schöpfungen der grossen Meister Rembrandt und Hals! Dank
daher den Forschern, welche die Mühe nicht scheuen, Kirchenbücher,
Processacten, Noten der Gilden und alle die Stösse verstaubter Papiere
zu durchstöbern, um ein kleine Notiz über den einen oder anderen Meister
zu entdecken. Denn aus ihnen erst vermögen wir die mangelhaften
Ueberlieferungen über die holländische Kunst zu vervollständigen und
einzubessern und so allmälig die allgemeinsten Züge des Lebens der
Künstler zu gewinnen, auch wohl einen Blick in ihr Inneres zu thun.

Für F. Hals hat sich Dr. A. van der Willigen dieser Aufgabe unter-
zogen, der unermüdlichste Arbeiter auf dem Gebiete der archivalischcn Kunst-
forschung in Holland. Die Früchte seiner Studien hat derselbe in seinem
vortrefflichen Buche „Haarlemsche Schilders" niedergelegt, von welchem so-
eben eine sehr vermehrte französische Ausgabe erschienen ist*). Auf

*) Lcs artistos de Harlem. Noticos historiqucs avcc uri precis sur la gildc de
St. Luc. Edition rovuo et augmcntce. Harlem 1870, Les Heriticrs F. Bohn. — Von
den Resultaten dieser neuen Auflage werde ich, soweit sie hiehcr gehüron, in Anmer-
kungen kurze Rechenschaft geben.
 
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