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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0016
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— 8 -

eines Mannes, welcher trotz seiner grossen Fehler stets seines hervor-
ragenden Talentes wegen geachtet wurde; kurz das Bild eines Mannes
von ausserordentlichen Leidenschaften." Hals ist kein Charakter im
modernen Sinne, ebenso wenig wie die grossen italienischen Künstler des
XV. und XVI. Jahrhunderts, aber ein ganzer Mann und ein ganzer
Künstler wie jene. Dieses Urtheil bestätigen verschiedene Umstände,
welche günstiger für den Meister sprechen als jene eben erwähnten
Nachrichten. Seine Zeitgenossen Ampzing und Schrevelius erwähnen
in ihrer Beschreibung von Haarlem in ehrenvoller Weise des Meisters;
im Jahre 1617 und 1618 ist er mit seinem Bruder Dirk Ehrenmit-
glied der Khetoriker-Kammer; Beide waren auch Mitglieder der Haar-
lemer Bürgergarde; im Jahre 1614 finden wir Frans Hals unter den
Vorstehern (Vinder) der Lucasgilde. Die urkundlichen Details, welche
uns v. d. Willigen ausserdem noch mittheilt, lassen uns einen trüben Blick
in das Alter des Meisters thun. Im Jahre 1662 wendet sich der
78jährige Greis, an Schaffenskraft freilich noch ein Jüngling, aber vom
Publikum nicht mehr verstanden und nicht mehr gesucht, mit einer Bitte
um Unterstützung an den Magistrat seiner Stadt; dieser bewilligt ihm
einen Vorschuss von 150 Gulden auf ein Jahr und jährlich 50 Gulden
zum Unterhalt. Schon zwei Jahre darauf muss Hals seine Bitte erneuern,
und dieses Mal setzten ihm die Väter der Stadt lebenslänglich eine jähr-
liche Unterstützung von 200 Carolusgulden aus. Am 2. September 1666
nimmt ein ärmliches Grab auf dem Chor der Kirche von St. Bavon die
sterblichen Reste des 82 jährigen Greises auf.*)

Besser und lauter als alle biographischen Notizen sprechen für den
Künstler wie für den Menschen seine Werke, von welchen uns zum Glück
eine ansehnliche Zahl erhalten ist — wenn auch gewiss nur der geringere
Theil, da Schrevelius bereits im Jahre 1647 die „infinita ngouana" von
des Meisters Hand erwähnt und auch Houbraken die ausserordentliche
Schaffenskraft desselben besonders hervorhebt.

Holland vereinigt noch fast sämmtliche grossen Meisterwerke von
F. Hals, nicht etwa weil die Holländer eine Ehre darin gesucht hätten,
die Werke ihres grossen Landsmannes ihrer Heimath zu erhalten, — im
Gegentheil! was nicht niet- und nagelfest war, ist mit den zahllosen

*) Eine interessante Bestätigung dieser urkundlichen Nachrichten über Frans
Hals findet sich in einem kurzen handschriftlichen Nachtrag zu einem Exemplar des
Schilder Boek von K. van Mander von der Hand eines Zeitgenossen und Bekannten
des Meisters, wahrscheinlich dos Mathias Scheits, welchen ich als Nachtrag hiezu
veröffentliche.
 
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