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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0018
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— 10 —

Avisbildung vollendete, ist auch die Kunstweise beider Meister von vorn
herein eine sehr verschiedene.

F. Hals war bereits 32 Jahre alt, als er jenes früheste uns er-
haltene Werk schuf; er gehörte also nicht zu den frühreifen Genies,
zu denen freilich bahnbrechende Geister nur selten zu zählen pflegen.
Jedoch tritt er uns auch in diesem Bilde bereits als durchaus selbst-
ständiger Meister entgegen, der im Anschluss an die ältere hollän-
dische Portraitmalerei, wie dieselbe in einer fast hundertjährigen Ent-
wicklung von ihrem Altvater Joan van Scorel, dem Lehrer des A. Moro,
bis auf Hals herab in den Gemälden des Haarlemer Museums vor uns
liegt, sich durch eigene Studien zu völliger Freiheit durchgearbeitet hat,
und zwar in einem höheren Maasse als seine älteren Zeitgenossen Mire-
velt, Moreelze, Cuyp und Ravesteyn, die gleichzeitig in den Hanptorten
Hollands als Bildnissmaler thätig waren. Was uns in jenen älteren Bil-
dern bei aller Frische und Lebendigkeit der Auffassung, bei aller Breite
des Machwerks noch häufig unangenehm berührt: das Fehlen jeglicher
Composition, eine gewisse Gezwungenheit der Stollungen, ein allzu braunes
Colorit und selbst eine bunte, unruhige Färbung — alles dies ist hier
vollständig überwunden, so dass Schrevelius, welcher gerade und allein
auf dieses Bild des Meisters besonders aufmerksam macht, mit gerechtem
Stolz von seinem Landsmann sagen durfte: „omnes superat inusitato pin-
gendi modo, quem peculiarem habet." Die Behandlung des Bildes ist
breit und pastos, das bräunliche Colorit ist sehr warm und kräftig, die
Färbung von ausserordentlicher Leuchtkraft, die Anordnung eine völlig
freie und doch ungesuchte. Und nun erst die Charakteristik! Man sieht
es diesen zwölf wackeren Bürgern an, dass ihnen das „Zweckessen", welchem
sie sich so unbekümmert, so von ganzem Herzen hingeben, doch nicht
letzter Zweck ist; wir erkennen in ihnen die Männer, welche die helden-
müthige Vertheidigung von Haarlem durchgekämpft hatten, Männer, die
sich wohl bewusst sind, was sie geleistet, die aber auch ebenso bereit
sind, für ihre Freiheit und ihren Glauben die Waffen wieder zu ergreifen,
die sie nach 40jährigem Kampfe eben niedergelegt hatten.

Die beiden folgenden Bilder des Haarlemer Museum (No. 47 und
48) sind in demselben Jahre 1627 entstanden. Auch sie stellen wieder
einen festlichen Schmaus dar, den die Offiziere der Schützencompagnie
zum h. Georg und zum h. Adrian zu Ehren des Königsschusses oder
des Stiftungstages veranstaltet haben; hier sind es 11 Offiziere, dort 10,
denen je ein Diener beim Mahle aufwartet. In diesen Gemälden macht sich
gegenüber dem Bilde vom Jahre 1616, das an lebendiger Darstellung
ihnen freilich fast gleich kommt und in der Anordnung sie entschieden
 
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