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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0061
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— 51 -

leichten tuschenden Pinselführung wiedergegeben, die mit den geringsten
Mitteln das Ausserordentlichste erreicht; auch in seiner Beleuchtung bleibt
er dem Lehrer treu, jedoch weiss er das einfache Tageslicht, den Wein-
dunst der Kneipe meisterlich zur Abrundung seiner Compositionen zu
benutzen. Wie sehr diese Eigenschaften Brouwer's, die naivste Autfassung
verbunden mit der vollendetsten künstlerischen Ausführung, welche ihn
zum höchsten Genie unter den Genremalerei aller Zeiten machen, schon
von seinen Zeitgenossen erkannt und gewürdigt wurden, dafür mag hier
allein das sprechende Zeugniss angeführt sein, dass Rubens' Sammlung
17 Gemälde von Brouwer's Hand, die Sammlung Rembraiidt's 7 Bilder
und eine Mappe mit Zeichnungen des Meisters enthielt. Es liegt ausser-
halb des Zweckes dieser Arbeit, näher auf Leben und Thätigkeit des
grossen Meisters einzugehen. Es wäre dies für die niederländische Kunst-
forschung eine der dringendsten und lohnendsten Aufgaben, da sowohl
die Biographie des Meisters erst nach strengster Sichtung des vorhandenen
Materials und durch neue Forschungen einigermaassen aufgeklärt werden
kann*), wie eine Würdigung des Künstlers erst möglich ist, nachdem
man in kritischster Weise die seltenen echten Werke des Meister von der
werthlosen Spreu gesondert hätte.

Grundverschieden wie die Kunstweise des Aclriaen Ostade von der
des A. Brouwer ist auch ihre Entwicklung. Wenige* Jahre später geboren
als Rembrandt, überlebt Ostade denselben noch um 16 Jahre; seine Ent-
wicklung zeigt uns nach der Ausbildung, welche der junge Meister unter
Frans Hals erlangte, erst unter Rembraiidt's Einfluss den Aufschwung zu
seiner künstlerischen Eigenthümlichkeit, während die Thätigkeit seiner
letzten Jahre bereits die Spuren des Verfalls verrathen, welcher schon
eine .Zeit lang über die holländische Kunst hereingebrochen war. Von
um so höherem Interesse ist es, bei A. v. Ostade die Zeit seiner Ent-
wicklung unter F. Hals und den dauernden Erwerb, welchen er aus der-
selben geschöpft hat, näher zu betrachten, zumal da man diese Periode
seiner Thätigkeit — fast ein volles Jahrzehnt — ganz ignorirt hat.
Diesen Fehler begeht namentlich auch der neueste Biograph des Ostade, Dr.
Gaedertz, wie ich an einer anderen Stelle näher auseinandergesetzt habe**).

*) Höchst interessant ist in dieser Beziehung die neueste Entdeckung van der Willi-
gen's, nach welcher Brouwer in Haarlem und nicht in Antwerpen gestorben ist. Das Haar-
lemer Sterberegister enthält unter dem 31. März 1040 folgende Notiz: „Für die Ooffnung
eines Grabes in der grossen Kirche für Adriaen Brouwer; die Glocken haben eine halbe
Stunde gelautet. 8 fl." Sollte sich diese Notiz wirklich auf unsern Künstler beziehen?

**) Zeitschrift für bildende Kunst. V. Jahrg., 1870, pag. 20 f. 5'J f. Der letzte
mögliche Zweifel an der Herkunft Ostade's aus Haarlem ist durch die neuesten Ent-
deckungen van der Willigen's (pag. 235 (f.) gehoben.

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