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Bode, Wilhelm
Die italienische Plastik — Handbücher der Königlichen Museen zu Berlin, [Band 1]: Berlin, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.16233#0023
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Ben. Antelami in Parma. Gruamons u. a. in Pistoja.

Figuren schon fast frei gerundet vor den Grund stellt, sind
von Interesse die Monatsdarstellungen am Dome von Ferrara
und die von derselben Hand herrührende Anbetung der Könige
über der Thür von S. Mercuriale zu Forli; wahrscheinlich schon
aus der Mitte des XIII. Jahrhunderts. —

Wenig später, aber unter anderen Bedingungen, entstand
und entwickelte sich die Skulptur in Toskana, wenn sie auch
mit der lombardischen Kunst Beziehungen hat und aus der
Lombardei sogar eine Reihe ihrer Künstler bezog. In höherem
Mafse als in der Lombardei war in Toskana die Plastik abhängig
von der Architektur, welche dort bald nach der Mitte des

XI. Jahrh. an den Formen der Antike in sehr eigenartiger Weise
sich als Basilikenbau entwickelt hatte. Die innere Gestaltung
erhielt in der Fassade einen reichen organischen Ausdruck;
teils in einer Art farbiger Steinmosaik, wie in San Miniato vor
Florenz, teils in Säulenarkaden, wie zuerst am Dom zu Pisa.
Der feine architektonische Sinn liefs hier nur eine beschränkte
Mitwirkung der freien Plastik zu, und auch diese machte sich
erst nach Verlauf eines vollen Jahrhunderts, nach der Mitte des

XII. Jahrh. geltend. Aufsen blieb sie im Wesentlichen auf die
Thürstürze und die Thürflügel beschränkt, im Innern wurde ihr
der Schmuck der Kapitelle, des Taufbeckens und namentlich
der Kanzel überwiesen, welche durch die Predigerorden, die
Dominikaner und Franziskaner, eine besondere Bedeutung erhielt.

Die frühesten dieser Bildwerke besitzt Pistoja. Ein Meister
Gruamons fertigte 1162 am Thürsturz des Hauptportals von
S. Giovanni Fuorcivitas das Abendmahl und 1166 für San Andrea
an derselben Stelle die Anbetung der Könige. Als Verfertiger
der Kapitelle dieser Thür nennt sich der Meister Enrigus.
Ein Jahr später entstand das Relief am Architravbalken der Thür
von S. Bartolommeo in Pantano. Den gleichen Charakter tragen
die jüngeren, aber trotzdem roheren Bildwerke an der Kanzel'
in Groppoli vor Pistoja, sowie der Erzengel Michael ebenda
(vom Jahre 1194), letzterer interessant als Freifigur. Gleich-
zeitige Arbeiten derselben Richtung sind (von zahlreichen, überall
im nordwestlichen Toskana zerstreuten skulptierten Kapitellen,
Säulenbasen u. dergl. abgesehen): in Pisa die Architravskulpturen
an S. Gasciano und das Relief mit Christus zwischen den
Apostelsymbolen von einem Meister Bonusamicus (jetzt im
Campo Santo), in Lucca der Portalschmuck des Meisters Bi-
duinus an S. Salvatore und die Reliefs des Taufbeckens vom
Meister Robertus in S. Frediano, letztere wohl die tüchtigsten
von allen diesen Arbeiten. Zu den spätesten, aber trotzdem
noch fast rohen Arbeiten dieser Art zählen die Bildwerke am
Dom zu Arezzo, der zweiten Hälfte des XII. und dem Anfang
des XIII. Jahrh. angehörend; dies gilt auch noch von den Ar-
beiten des Marchionne (vom Jahre 1216).
 
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