Witkowski, Georg; C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat: Katalog (Nr. 5): Almanache und Taschenbücher (Leipzig: C. G. Boerner, 1908)

Kalender und Almanache.
jVon.
Georg Witkowski.
Der Büchersammler, der nicht nur in selbstsüchtiger Habgier
Schätze zu erraffen und in sicherer Truhe zu bergen trachtet, wird
mit edlerer Freude, der Begleiterin jeder echten Liebhaberei, das Treiben
der seelenverwandten Genossen rings umher mustern und erheitert
bemerken, wie jeder mit eigenartiger Grazie sein Steckenross tummelt,
überzeugt, dass nur er die schwierigsten Gänge, die seltensten und
seltsamsten Kapriolen zu meistern wisse. Jeder Sammler hat sein
Sondergebiet, aut dem er sich Herr und Meister dünkt, und wehe
dem, der auf diesem Felde neben ihm säen und ernten will. Aber
so verschiedenartig die Neigungen der bibliophilen Gemüter auch sein
mögen, — ob sie nun irgend einer Rotte der wilden Jagd angehören,
die den ersten Ausgaben der Klassiker in wütendem Wetteifer nach-
hetzt, ob sie dem schwierigeren Inkunabelnsport ihre heisse, zähe
Neigung zuwenden, ob sie wohl gar mit unverächtlichem Snobismus
den Reizen des Einbandes, des Buchschmuckes, der kleinen und
kleinsten Formate ästhetisch verfeinerten Sinnes ihre Anbetung weihen
— sie alle treffen sich auf einem Grenzrain, der allen ihren Be-
hausungen gemeinsam gehört, wenn man etwa die Riesenwohnungen
der Folianten, Atlanten, Monumenta und Urkunden ausnimmt.
Das ist der Rain der Kalender und Almanache. Aus den pri-
mitivsten Kulturbedürfnissen sind sie hervorgewachsen. Ihr ursprüng-
licher, praktischer Zweck, der Zeitmessung als Hilfsmittel zu dienen,
konnte nie aufhcren; nein, je reicher sich das Leben ausgestaltete, je

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