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42 V. Theorenaufzug.

genauer Beobachtung an allen wollenen Mänteln im ganzen Relief fin-
det: selbst da wo diese Kante grösstentheils Verstössen ist, sind ihre Spuren
noch auf den wenigen davon übrig gebliebenen Resten deutlich wahrnehm-
bar. Es beruht auf flüchtiger Beobachtung wenn gemeint wird, dass dieses
Merkzeichen an den Metopen (Süds. XII) und den Giebelstatuen (West-
giebel Q) nur ganz vereinzelt vorkommt, am Friese dagegen sehr häufig auf-
tritt: ohne Ausnahme ist es an den Mänteln in den Metopen, an denen
aller Statuen in beiden Giebeln vorhanden, im östlichen Giebel mit der sorg-
samsten Vollendung sogar auf der Rükkenseite jeder Gestalt ausgeprägt un-
geachtet es hier von keinem Auge jemals zu erblikken war*). Nicht ein-
mal die kleine Bommel (at'XXußo?) an den Zipfeln jedes Mantels war ver-
gessen: die noch erhaltenen Beispiele, oder auch die Bruchstellen wo sie ab-
gesprungen ist, zeigen dies. Wie weit Phidias in dieser charakteristischen
Wiedergabe der feinsten Einzelheiten gegangen sei, bezeugen noch weit mehr
die kurzen Aermel der weiblichen Chitonen aus Linnen oder Byssos, an den
Mädchen auf der Ost-Fronte des Zophorus. An diesen sieht man die drei
oder vier Punkte in welchen die beiden Säume des zarten Stoffes, von der
Schulter bis an den Ellenbogen zur Bildung eines Aermels verbunden sind,
in den feinsten Faltenformen die sich um diese Heftelpunkte in der Wirk-
lichkeit erzeugen, mit höchster Treue präcis im Relief wiedergegeben: den-
noch ist der Maasstab dieser Einzelheit ein so verschwindend geringer, dass
selbst ein bewaffnetes Auge nicht im Stande gewesen wäre dieselben bei der
gegen sechs Menschenhöhen über dem Boden erhobenen Lage des Zophorus
jemals wahrzunehmen. Eines Weiteren bedarf es hier nicht um zu zeigen
wie ungerecht es war den Phidias zu beschuldigen, dass er so scharf be-
zeichnende Einzelheiten wie die grossen consecrirenden Binden an den
üpferthieren, bloss dcsshalb übergangen habe tveil sie im Marmor sehr un-
bequem zu bildende Kleinigkeiten wären: umgekehrt als der Ausleger wird
man angesichts solcher Thatsachen nur sagen dürfen, Phidias habe den
Thieren consecrirende Opferzeichen weder geben wollen noch können, weil er
sie als noch nicht zum Opfer gehende bekunden musste. Wenn schliesslich
Thallophoren mit Oelzwcigen von Ms in diesem Theorenzuge angenommen
werden, so lassen sich auch diese beseitigen [§. VII].

*) Dass auch diese Sahlkanto am Mantel des Athcna-Torso aus der Mitte des östlichen
Giebelfeldes in vielfachen Kosten vorhanden sei, ist wohl von mir zuerst wahrgenommen [Vor.
d. Berl. Abg. zu No.;468. no. 6G4. Arch. Zeit. 1870]: mit Unrecht wird gesagt es sei von mir
dieser gekrauste Saum als neue Entdehkung vorgebracht, ich habe nur erklärt dass er dio
Sali 1 kante bildo und einen wollenen Stoff vcrralhe, was oben bis dahin Niemand er-
kannt hat.
 
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