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Bötticher, Carl
Die Tektonik der Hellenen (Band 2): Der Tempel in seiner räumlichen Anordnung und Ausstattung — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.4581#0007
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IX

Erinnerungen am Tage der Säcularfeier des XIII März 1881.

Das Zueignungswort der Tektonik an die beiden in demselben gefeierten Männer
gellt selbstverständlich auch ohne Wiederholung von der ersten auf diese zweite
Ausgabe über. Auf den Namen Schinkel wieder hinblikkend ist es mir schmerz-
lich gewesen durch ein schweres Augenleiden behindert worden zu sein, diese
Ausgabe nicht schon den Ehrenerinnerungen, welche dem unvergesslichen Manne
bei der würdigen Säcularfeier des Tages seiner Geburt am XIII März dieses
Jahres gewidmet wurden, als ein Scherflein treu bewahrter Pietät anreihen zu
können. Um so mehr durfte ich dies bedauern, als meine Pietät nicht auf einer
näheren persönlichen Verbindung mit ihm beruhte, sondern einzig nur auf der vollen
Erkenntniss seines geistig belebenden Wirkens als vorbildender Künstler, und den
Eolgen dieses Wirkens. Denn indem Schinkel mit baulichen Entwürfen und aus-
geführten Werken grossartigster Conception in Plan und Aufbau eine Palingenesie
der antiken Kunst zur Erfüllung gewisser Vorwürfe unseres Lebens zu erstreben ver-
suchte, mussten diese unausbleiblich jeden denkenden Architekten anregen, sich des
Grundes der mächtigen Eindrükke dieser Hellenistischen Schöpfungen bewusst zu
werden. Es konnte daher nicht fehlen dass sie rükkwirkend den Impuls gaben,
sich forschend nach derselben ursprünglichen Quelle hinzuwenden, aus welcher er
geschöpft hatte, um in den alten Monumenten und den schriftlichen Überlieferungen
selbst die Geseze zu erkunden, welche ihrem statischen Gliedersysteme und der
inhaltlichen Bedeutung seiner idealen Kunstformen zu Grunde lägen. Es drängte
dann weiter zur Aufklärung der merkwürdigen Erscheinung, dass zwei Stämme
einer und derselben Nation, Dorier und Ionier, bei Übung einer gleichen nationalen
Kunst dennoch ihr eigenartiges Sonderbewusstsein in zwei, dialektisch sich so scharf
unterscheidenden Weisen ihrer Kunstformen ausprägen konnten, ohne damit den
gemeinsamen Hellenischen Charakter zu verlassen. Diese Aufschlüsse waren nicht
aus Schinkels Werken zu gewinnen, da sie deutlich erkennen Hessen, dass in ihnen
wohl die antiken Kunstformen im äusseren Schema, nicht aber mit Verständniss
ihrer inhaltlichen Bedeutung wiedergegeben waren. Nichts hierfür kann zeugender
sein als der erklärende Text zur architektonischen Abtheilung der Vorbilder für
 
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