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Bötticher, Carl
Die Tektonik der Hellenen (Band 2): Der Tempel in seiner räumlichen Anordnung und Ausstattung — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.4581#0221
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568 Dienstliche Tracht. Fest Arrhephoria. Lutriden. Ergastinen. &. 61.

Brod ein Gebäkk mit Sesam und Honig gemengt erwähnt, Anastatos ge-
nannt [6], welches sie empfingen. Eine Deipnophorie seitens ihrer Mütter bat
nicht stattgefunden [7]. Gleich den Mädchen der Nausikaa vergnügten sich
die Kinder mit Ballspiel in der für sie bestimmten Sphäristra, die man aus
Plutarch [8] kennen lernt. Diese lag in dem von mir wiedergefundenen
Temenos, der sich an der ganzen südlichen Seite des Tempels hinabzog [9].
Ihre dienstliche Tracht war ein weisses wollenes Kleid: ein besonders gehei-
ligter Goldschmukk machte sie als Arrhephoren kenntlich. Vielleicht trugen
sie als Gürtelschloss ein Gorgoneion, als Armbänder die bekannte Schlangen-
form [10]. Sollte meine Vermuthung richtig sein, dann geben die zu Athen
noch erhaltenen Torsen solcher Mädchen wenigstens die Tracht des Haares
und den Schnitt des Kleides wieder, da ihnen bekanntlich nach erledigter
Dienstzeit die statuarische Ehre zu Theil wurde, wie Inschriften an Fuss-
gestellen solcher Bildnisse noch bezeugen [11].

Wann ihre Wahl geschah, ist ebensowenig vermerkt als die Zeit wann
sie in die Burg geführt und dort zum Dienste der Athena eingekleidet wur-
den; da Lezteres aber gewiss ein solenner festlicher Act gewesen ist, mögte
das mit den Arrhephoren zusammen erwähnte und der Athena geweihte Fest
Arrhephoria im Monat Skirophorion [12], diese feierliche Investitur bezeich-
nen. Es liegt nahe, dies in der ersten Woche des Skirophorion bald nach
Entlassung der ausgedienten Arrhephoren zu denken, die am XXV Thar-
gelion bestimmt schon statt gefunden hatte. So konnten die vor dem lezten
Tage des Pyanepsion, an welchem sie bereits mit der Priesterin die Arbeit
des heiligen Peplos begannen, längst mit dem Dienste vertraut sein.

Von diesen vier Arrhephoren sind zwei zu Lutriden oder Schöpfjung-
fern [§. 51, 17], zwei zu Ergastinen oder Webejungfern bestimmt. Von an-
deren sacralen Handleistungen ist nichts bekannt. Sollten die Lutriden [13]
das Weihewasser aus der heiligen Quelle Kalirrhoe im Bette des Ilissos ■
(Thucyd. 2, is) ausserhalb der Stadt geschöpft haben, dann sind sie auf
diesem Gange gewiss von einem Tempelherolde begleitet worden, gerade so
wie der Vestalin zu Rom bei jedem Ausgange stets ihr Lictor voranschritt.
Ausser diesem Herbeischaffen des Weihewassers, fällt ihnen noch das Fegen
und Benezen des Tempelbodens und der Thymele um den Altar zu, wie
das die Neokoros jedes Heiligthumes thut. Die beiden durch das Loos er-
wählten Mädchen hingegen, welche die Lokrer im Heiligthume der Ilischen
Athena als Leibeigene senden mussten, verrichteten diese Reinigung (saatpov
■fap au-o xal l'ppcavov) freilich als eine strafende Frohne nakkten Fusses und
in Sklavenkleidung, um den Frevel ihres Landsmannes Aias an der Kas-
sandra zu sühnen [13a]. Von den Ergastinen wird gesagt, dass sie unter
Anleitung der Priesterin den heiligen Peplos [14] und alles, was dazu ge-
hört, arbeiteten. Da man, wie das schon oben erwähnt ist, die Kette zu
diesem Gewebe am Feste Chalkeia, dem XXX Pyanepsion auf den Webe-
stuhl brachte [15], so dauerte dessen Arbeit mithin bis zu seiner Verwen-
 
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