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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0111
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modus weicht derselbe von mir ab. Doch ist das nebensächlich. Wir sehen auch
in Surghul und in El Hibbah wie in Sch'liemänns Trpja mauerumfriedete rechteckige
Räume von durchschnittlich 18 zu 12m Grösse, die durch Querwände zwei- oder
dreigetheilt (vergl. Dörpfelds „Tempel"!) und weiter noch in kleinere Zellen unter-
getheilt sind. Zwischen diesen Häusern oder Höfen vermitteln „Strassen" von
durchschnittlich Im Breite (ich nannte sie „Corridore") die Communication. Die
Wände sind aus Lehmziegeln (sog. Luftziegeln) erbaut und ebenso wie die in Hisear-
lik verbrannt und verschlackt, dessgleichen die Lehmfussböden. Die Bäume sind
angefüllt mit Asche und Todtenmitgaben, und häufig bergen sie im Boden das
Grab selbst. Tout eomme ä Hissarlik! Auch die in vielen Kammern (Zellen) ge-
fundenen Reste von nicht gelungenen Verbrennungen, Gebeine und ganze aber vom
Feuer gezeichnete Skelette entsprechen den Funden, worin Virchow und Schlie-
mann im .Stadtbrand verunglückte Trojaner erkennen. Ich hatte von Anfang an
auf die sozusagen epidemische Verwechslung von Gräberplätzen und Wohnstätten
hingewiesen (die u. a. zu der Vorstellung geführt bat, die Griechen hätten in
archaischer Zeit ihre Todten unter dem Fussboden ihrer Wohnräume begraben!!),
Herr Koldewey hat nun eine Oertlichkeit von einer Beschaffenheit, die überall
anders als Wohnstätten eigen gedeutet wurde, als babylonische Feuer-Nekropole
festgestellt, das darin enthaltene Geräth richtig als Todtenmitgaben und die eben-
dort gefundenen Thierknoclien, Vegetabilien und Muscheln (Virchows Austern der
leckern Trojaner) als Ueberbleibsel der Todtenopfer und Leichenschmäuse erkannt.
Wenn derselbe jedoch ein System senkrechter Röhren, die aus einer Anzahl von
übereinandergesetzten thönernen Trommeln bestehen und die Hügel allseitig durch-
setzen, ebenfalls den Todten zuweist und „Todtenbrunnen" nennt, weil dieselben
sich auch in den „Todtenhäusern" finden, so ist diess ein Irrtimm. Diese Röhren
sind längst bekannte und in den Werken der Assyriologie beschriebene Drainirungs-
anlagen, die auch in den Erdbestattungs-Nekropolen angebrächt sind (vergl. Raw-
linson, Anc. Mon. I, 113, u. a.). Die Entwässerung und Trockenhaltung der Hügel in
Folge jener Einrichtung hat uns trotz des vielfach sumpfigen Bodens der Flussebenen
den Inhalt der Hügel , das will sagen der ehemaligen Terrassenbauten aus Lehm-
ziegeln, verbältnissmässig unversehrt erhalten. Irrthümlich ist auch die Schilder-
ung, welche Koldewey von dem Verbrennungsmodus entwirft. Auf den in den
vorerwähnten Zellen befindlichen Brandstätten lagen Ascbenbaufen, mehr oder
weniger verbrannte Gebeine, und zuoberst Scherben oder ein grosses mulden-
förmiges Thongefäss, das wie eine Schüssel umgekehrt und über das unberührte
Skelett gestülpt war. Angeblich soll nun der Leichnam auf den Boden gelegt, mit
einer Lehmhülle überwölbt, mit Brennmaterial (Schilf und Asphalt) überhäuft und
so — man denke, unter vollständigem Luftabschluss — verbrannt worden sein.
Das ist offenbar unmöglich, zum Verbrennen, zur Einäscherung gehört vor allen
Dingen Luft, denn Verbrennen ist die chemische Verbindung mit dem Säuerstoff
derselben unter Feuer-Erscheinung. Die Verbrennung ist in Surghul und El Hibbah
(ebenso wie zu Hissarlik) meist eine vollständige, wie aus Koldeweys Bericht deut-
lich hervorgeht, obwohl derselbe bei Schilderung seiner Verbrennungsmethode, in
richtiger Erkenntniss ihrer — sagen wir Schwierigkeit die misslungenen Fälle der
Verbrennung übermässig hervorhebt; dergleichen Versager kommen überall vor
 
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