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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0340
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die Haupt färbe der Furien tiberall nur schwarzbraun anzugeben, und
gerade dadurch wird, wie mich dünkt, der Eindruck des Ganzen
nur desto grausender und unangenehmer; Da Aeschylus aus-
drücklich seinen Erinnyien eine Aehnlichkeit mit den Harpyien
lieilegt, so ist diese hier theils durch die widrige Magerkeit und
gestreckte Länge des hageren Körpers überhaupt, theils durch die
krallenartig- eingebogenen Finger an der verlängerten Hand aus-
gedrückt worden. Zum Kostüm der Aeschyleischen Furie gehört
ferner ein einziges schwarzes Gewand, eine Tunica in Schnitt
und Form der altdorischen Tracht. Lang und eng schliefst sie
sich an den Körper. Denn das üppige, faltenreichere, ionische

. Gewand widerspräche in dieser Figur durchaus den Begriffen des

Alterthums. Das enge Gewand war auch den Griechen, wie der
Sack des hülsenden Orientalen, ein Zeichen der strengen Lebens-
art der Abhärtung, der Trauer. Mit einem breiten Botheil Gür-
tel gürtete Menippus sein Fnriengewand und die ejiescheuen
Lucanischen Jungfrauen, die der Geschichtschreiber Timäus in
Furientracht einhertreten läfst, bedienten sich gleichfalls dessel-
ben. Suidas nennt ihn einen persischen Gürtel, und diefs be-
rechtigt uns auch, an diesem Gürtel herabhängende Troddeln und
Franzen von Leder, Wolle u. s. w. anzunehmen, die aber hier
natürlich die Gestalt von gekräuseltem Schlangen- und Natternge-
zü'cht erhielten, um uns die Stellen späterer Dichter daraus zu er-
klären, wo sich Tisiphone oder Alekto, nachdem sie im höllischen

136. Thalamus ihren Putz geordnet, um das Ganze zu vollenden, noch
eine oder mehrere Schlaugen um ihre Hüften gürten. Orpheus
nennt in einer mystischen Hymne die Furien thierumklei-
det. Diefs würde sich am füglichsten von einer im Alterthnme
sehr gewöhnlichen Einfassung von schwarzen Schaffellen, die um
den Leibrock herumlief, einer Katonake, wie sie der Athenien-
ser nannte, erklären lassen. Diese Besetzung, welche eigentlich
nur zu einer Nothhilfe beim Mangel des gewöhnlichen Gewebe«
diente*]), kommt unserem Furienkostüm ungemein zufStf/dresd ul
durfte dalier hier am allerwenigsten vergessen werden. Rothe cre-
tensische Jägerschuhe geben die Alten ausdrücklich den tragischen

*) Jede Tunica, jedes Gewand wurde als ein für sicli bestehendes
Ganze gleich fertig gewebt. Einige Schnallen hielten es zusam-
men. An Schneiden und Zusammennähen war wenig zu denken.
Wo nun der äufserst dürftige, von stehenden Weberinnen um-
schrittene Weberstuhl das Gewand nicht lang genug zu fertigen
vermochte, da mufste man mit angestofsenen Besetzungen von
Fellen u. s. w. nachhelfen. So lehrt die Noth Falbeln und Bor-
düren machen, die dann der Reichthum in Purpur färbte und
wohl gar mit kunstreichen Mäandern umzingelte, wie wir sie auf
der zweiten Tafel erblicken.
 
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