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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0348
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Merkmal ist der Dolch, iiml wer die Requisitenkammern unse-
rer Bühnen kennt, weifs, wie viel auf einen guten Yorralh fiol-
cher unschuldigen Theaterdolrhe dort gehalten wird. Man würde
indefs selir irren, wenn man in diesem Spielwerke des modernen,
nur allzuoft auf sehr falschen Motiven beruhenden Mord- oder
Trauerspiels den Ursprung dieses tragischen Attributs suchen woll-
te. Die Bezeichnung ist alt, aber, wie mich dünkt, nur erst aus
den Zeiten (\nr Römer. Die früheren Griechen wufsteu überhaupt
noch nichts von einer tragischen Melpomene. Erst unter den
Ptolemäeru im Museum zu Alcxandricu bekam jede Muse ihr ei-
genes Departement *). Aber auch da, als ihr das Trauerspiel zu-
getlieilt wurde, erhielt Melpoinene noch keinen Mordstahl zur
bezeichnenden Ausschmückimg **). Die Kindermörderin Medea
war es, die im Bildwerke jenes berühmte Schwert, von welchem
sie im Trauerspiele des Euripides (V. 1246.) ausruft:

Auf, meine Jammerhand, ergreif das Schwert,
Ergreif es! dort am Ziele winkt der Tod!

gegen die unschuldigen Kleinen schwingend vorgestellt wurde.
Euripides machte nicht leicht mit einem andern Trauerspiele so viel
Glück als mit seiner Medea ***). Bildhauer, Maler und Steinschuei-

*) Wo Heyne, Opnsc. It, 306. ff., den Faden abrifs, Ist er noch
nicht wieder angeknüpft worden. Woher kommt die Rangordnung,
nach welcher schon sehr früh Herodot's Bücher benannt worden
sind? Von wem und wo wurde jeder Muse ihr bestimmtes Ge-
schäft angewiesen? Darüber giebt noch keine Mythologie den er-
. wünschten Aufschlufs.
**) Ueberhaupt geht alle Bezeichnung der Musen ursprünglich nur'
von drei Instrumenten, von der zwiefachen Gattung der Lyra und
der BoppeUlüte, aus. So wurden die drei Hauptmusen einst von Ari-
stocles und Canachus gebildet. Man sehe das merkwürdige Epigramm
des Antipater, Analect. 11, 15. XXXV. und Heyne in den Com-
mentat. Soc. Gott, T. IX. p. 109. Tragödie und Komödie sind,
wie in der Apotheose Homer's, eigene Personiiicationen, und als
Melpomene mit der ersteren zusammenüofs, erhielt sie, was jene
hatte, das Scepter in die Hand, wie sie beim Ovid erscheint, Am.
III, 1. 13. ; an dessen Stelle tritt später die Keule, die eigentlich
das Scepter nur bestimmter charakterisirt. S. Carcani in den
Pitture d'Ercolano T. II. tav. 4. p 23. An das Schwert ist noch
nicht zu denken.
***) Wir haben nur die zweite Ausgabe, die der Dichter selbst nach
vielen Jahren veranstaltete, Später überarbeitete Neophron das
Stück noch einmal.
 
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