Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Boisserée, Sulpiz
Denkmale der Baukunst vom 7. bis zum 13. Jahrhundert am Nieder-Rhein — München, 1833

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1178#0039
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 31 —

höchste!, die beiden folgenden etwas niedriger, und die beiden ünssersten am niedrigsten sind, so dass
alle fünf Bogen zusammen innerhalb der Gestalt des Gewölbes einen grossen Spitzbogen bilden, und man
darin eine Annäherung zu den .Fenstern des vollkommenen Spifzbogenslyls erkennen mtiss, welche durch
Stabe in verschiedene kleine Bogen abgctheilt wurden. Ausserhalb am Münster sind die von Sänlchen
getragenen kleineu Bogen der Fenster alle von gleicher Höhe, und die Gestalt der inneren eigentlichen
Fenster ist nur in so fern sichtbar, als man die verschiedene Durchbrechung der Bogen wahrnimmt. Der
Mitiehhurni verdient hauptsächlich dcsshalb beachtet zu werden, weil in demselben jener Gedanke, den
höchsten Tliunu in der Mitte des Kreuzes zu errichten, wieder hervortritt, welcher schon einige Jahr-
hunderte früher bei der St. Martinskirche zu Köln ausgeführt wurde. Aus der auf den Münzen des Erzbischofs
Anno Tl. mit der Umschrift: MONETA BONENS. abgebildeten Kirche," ist jedoch zu seblicssen, dass auch
an dem altem Münster eine ähnliche Anlage bestanden habe, und an dem neuem Gebäude nur wiederholt
worden sey. An der Kirche zu Sehwarzrhcindorf, welche Erzbischof Arnold dort, gegenüber von Bonn
auf dem rechten Rheinufer in den Jahren 1151 bis 1150 für ein adeliches Nonnenkloster erbaute, findet
sich ebenfalls ein hoher Mittelthurm. Auch wurde etwas später als am Münster zu Bonn, wahrscheinlich
im zueilen Jahrzehend des 13icn Jahrhunderts ein ähnlicher Thurm auf der Stiftskirche zu Limburg an
der Lahn crrichtct.;; Uebcrhaupt zeigt sich das seit dem 12,(,n Jahrhundert in der Baukunst immer
sichtbarer werdende Bestreben nach Neuerung auch in der Gestaltung und Anordnung der Thüniic. Und
hierbei war gerade der Mittellliunn von der grüsslen "Wichtigkeit; eines Thctls machte man ihn, wie an
den genannten Gebäuden, höher als alle übrigen, und andern Theils suchte man der noch üblich gebliebenen
Kuppel die Gesialt eines Thurmcs zu geben, wo dann derselbe ycrhäHnissniässig niedrig bleiben musslc,
wie man es an den Kirchen zu Neuss, Stnzig, Hcimcrsheim, Gelnhausen und an St. Andreas zu Köln
sieh!, welcher lelztcrer, im Grossen jenem von Sinzig ähnlich, im Jahre 1220 erbaut worden.3' Bei der
rollkommen.cn Entwicklung des Spilzbogcnstyls entschied man sich bei grösseren Kirchen mit wenig
Ausnahmen für drei Hanptlliürmc, und zwar wählte man in Deutschland und Frankreich vorzüglich die
Gruppe von zwei hohen Vorderthürmen und einem niedrigem Mittelthurm, dahingegen in England jene von
einem hohen Mittelthurm und zwei niedrigeren Vorderthürmen.

In Rücksicht auf die Helme der Thiimie am Münster ist noch zu bemerken, dass dieselben im
Jahr 15S0 samnit allem Dachwerk der Kirche, welches wie jene mit Blei gedeckt war, durch den Blitz
eingeäschert wurden. l)

P»t0 fiajntclljrtus xxxxb fcoi* Ävcujgrttig tun: ^htei Hommcrsfcorf.

®rtf. LVlt. ©tmt&ras utä flurihsdimtt; LVI1I. PurrijsrhiiitU-.

Das Kapitelhaus oder der Kapitelsaal war derjenige Theil der Kloster- oder Siifts-Gebäude, welcher
nach der Kirche die würdigste Bestimmung hatte. Hier versammelten sich in den Klöstern täglich die
Mönche nach dem Morgengottcsdicnst unter dem Vorsitz des Abts oder des Priors. Es wurden die Lebens-
geschicluc des Heiligen des Tages, und ein Kapitel aus der Ordensregel vorgefragen (daher der Name
Kapitelsaal); auch wurde der auf den Tag bezügliche Theil der Jahrbücher gelesen, worin die verstorbenen
Ordensbrüder, die Wohlthäicr und Beschützer verzeichnet waren; bei allem diesen sprach man passende
Gebete. Hierauf folgte die Rüge und Bestrafung der Vergehen, die öffentlich statt gefunden hatten oder
deren die Brüder sich selbst anklagten; zuletzt kam die Vcrtheilung der Arbeiten und Geschäfte, so wie

" Hamm, i\Iniict:i tjliio- Agriii|rinciiS. \i. 1(0.

« Maller, die Kirche zu Limburg, Tnf. G. 7. 12, und Malier, Beilriige zur deutschen Kunst- uiul Geschieh»

'? Gelemut, n. n. 0. p. 2M.

♦> Annale* Novetian,, n. u. 0. n. 73G,
 
Annotationen