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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0446
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XIV. Die griechischen Vorgänger des Nigidius.

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Synkellos p. 271D (516 Bonn. Ausg.) mit namentlicher Anführung
Chaldäischer, Ägyptischer und Römischer."1) Nach 0. Gruppes mir
hierin sehr einleuchtender Beweisführung2) wäre als der Übersetzer
der heiligen ägyptischen Bücher Manetho zu betrachten, der unter
den beiden ersten Ptolemäern lebte und nach Wachsmuths3) Annahme
erst unter dem zweiten Lagiden schrieb.

Vielleicht die früheste Spur der beginnenden Bekanntschaft mit
der ägyptischen Sphäre zeigt der Kallimacheer Hermippos (denn
ihm und nicht einem andern Hermippos wird man doch wohl mit
Robert4) das astronomische Gedicht zuschreiben dürfen) in der Auf-
fassung des griechischen Bootes als Pflüger. Ich habe schon oben
(S. 228 f.) bemerkt, dafs sich diese Darstellung des Bootes bei den
Griechen nirgendwo findet; das einzige Denkmal, das vielleicht darauf
bezogen werden kann, ist eine Kaisermünze von Alexandreia. Litte-
rarisch kommt der Bootes als Pflüger nur in der Sphaera barbarica
des Nigidius, Teukros, Antiochos vor. Es ist nach diesem Sachverhalt
höchst unwahrscheinlich, dafs Hermippos aus griechischer Tradition
geschöpft hat. Ganz undenkbar aber wäre es, dafs der vereinzelte
Einfall eines alexandrinischen Dichters; der selbst bei den Griechen
kaum Beachtung gefunden hat, die ägyptischen Tempelbilder beein-
flufst haben sollte. Vielmehr ist umgekehrt Hermippos entweder
geradezu aus der Anschauung derartiger Bilder zu einer ägyptischen
Auffassung des Bootes gekommen, oder durch litterarische Vermitt-
lung. Letzteres halte ich für weit wahrscheinlicher, schon wegen der
Berührung mit Nigidius, der hier nicht aus Hermippos geschöpft
haben kann, da er nicht wie dieser eine griechische, sondern eine
durchaus ägyptische Sternsage mit dem Pflüger verknüpft.5) — Eine
noch etwas frühere Spur von Kenntnis der ägyptischen Sphäre bei
den Griechen würden wir bei Eratosthenes besitzen, wenn wir ihm
den Inhalt der KaTacxepicuoi mit voller Sicherheit zuschreiben dürften.

1) Ritsehl, Die alexandrin. Bibliotheken p. 34 (= Opuscula I 30).

2) Griech. Culte und Mythen, S. 430 ff.

3) Einleitung in das Stud. d. alt. Gesch. S. 333. Auch Gruppe giebt die
Möglichkeit zu (S. 425, 14), dafs Manetho die ArfimTictKa erst etwa 270 schrieb.

4i Vgl. über die Kontroverse Robert, Eratosth. eatast. rell. p. 223 sq.; Maafs,
Hermes 16 (1881) p. 386 und Aratea p. 161 sq.

5) Ob Nigidius in der Erzählung vom Katasterismus des Widders, d. h. in
der Sphaera graecanica, den Hermippos benützt hat, wie man allgemein an-
nimmt (Schaubach; Breysig; Robert, Eratosth. cat. rell. p. 222; Swoboda, Nigidii
fragmenta p. 51), ist eine andere Frage. Es bleibt das immerhin möglich; eben-
sowenig ist allerdings die Benützung einer gemeinsamen griechisch-ägyptischen
Quelle bei beiden Schriftstellern ausgeschlossen.

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