Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Borchardt, Ludwig
Die aegyptische Pflanzensäule: ein Kapitel zur Geschichte des Pflanzenornaments — Berlin, 1897

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43137#0030
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
II. Die „Lilien“-Säulen.


Bei diesem Kapitel muss der Abschnitt mit der Beschreibung der der Säulen-
form zu Grunde liegenden natürlichen Pflanze in Fortfall kommen, da es bisher noch
nicht gelungen ist, die betreffende Pflanze, welche als Wappen-
pflanze von Oberägypten ungeheuer häufig in der ägyptischen
Kunst auftritt, botanisch sicher zu bestimmen. AVir werden
daher gut thun, nur die Pflanze, soweit sie im Ornament vor-
kommt, zu analysiren und dann aus ihren Merkmalen zu
zeigen, weshalb sie mit keiner der sonst gebräuchlichen orna-
mentalen Pflanzen identisch ist, und warum wir ihr am besten
den Namen „Lilie“ beilegen.
Das älteste Beispiel der Lilie findet sich auf der be-
kannten Darstellung des Königs Mer-en-rer-Pepy bei Assuan
(Abb. 29). Leider ist hier die LEPSius’sche Publication nicht
correkt und in dem de Morgan’sehen Catalogue des Monuments
(I, 17, No. 78) die Ungenauigkeit der Zeichnung mit übernom-
men, ich habe daher die Darstellung an Ort und Stelle nochmals
verglichen und hier corrigiert beigegeben. Danach scheint es
also, dass bereits die später übliche Form der „Südpflanze“
schon im alten Reiche gebräuchlich gewesen ist.
Aus dem mittleren Reiche sind die Beispiele
zahlreicher: auf dem Throne der Statue Usertesen’s I.
aus Tanis (jetzt im Berliner Museum, Abb. 30) findet
sich der Lilientypus deutlich. Fragmente der Lilien
sind von dem Throne Amenemhet’s III. zu Biahmu
erhalten1), an anderen Königsstatuen derselben
Epoche2) sind gleichfalls die Lilien stets deutlich
charakterisirt.
Im neuen Reiche zeigt die Pflanze zuerst noch
keine wesentliche Aenderung des Typus; selbst
noch unter der 19. Dynastie kommen Lilien vor, die
bis auf die Einrollung der beiden Seitenblätter den
älteren Exemplaren völlig gleichen (Abb. 31 u. 32), jedoch sind auch noch in späterer

Lilie und Papyrus
von der Darstellung des Her-
en-re'-Pepy bei Assuan;
a. R.; Dyn. 6; nach L. D. II,
116 b u. nach eigner Copie.

Abbildung 30.

Abbildung 31.



Lilie vomThrone
der Statue User-
tesen’s I. aus
Tanis;
m. R. Dyn. 12;
nach Berl. Mus.
7265. (Ausführl.
Verzeichn. S.25).

Lilie vom Deckel eines
Fayencekästchens aus
einem Massengrabe zu
Theben;
n.R.; Dynastie 19. Zeit
Ramses’ II; nach Berl.
Museum 2038. (Ausführl.
Verzeichniss S. 105).

J) S. auch Petrie, Hawara, Taf. 27. No. 5 u. 6.
2) Andere Beispiele derselben Zeit in Petrie’s Tanis, I.
 
Annotationen