Abschnitt I: Aufgabe — Lage — Vorarbeiten.
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gelegenen Teil befinden sich die jüngeren Bauten. Der größte davon ist die Pyramide des Königs
Nefer-er-ke'-re', die, wenn auch ihrer Bekleidung beraubt, noch in stattlicher Größe dasteht,
und seit der ersten Arbeit über den Bau der Pyramiden stets als klassisches Beispiel für
Lepsius' Manteltheorie angeführt wird. Ihr im Nordosten vorgelagert steht die Pyramide
des Ne-user-re, des Nachfolgers des Nefer-er-ke-re. Sie bildete im Jahre 1901 nur noch
einen unförmigen Hügel von etwa 25 m Höhe, an dessen Äußerem keinerlei Struktur mehr
zu sehen war. Im SSW vom Nefer-er-ke -re' erhebt sich nur wenige Meter hoch der Rest
einer unfertigen Pyramide. Von diesen dreien getrennt steht auf dem nördlichen, niederen
Teile des Hügels das älteste Bauwerk, die Pyramide des Sahu-re', ein roh gepackter Stein-
haufen, dem man aber bei näherem Zusehen noch einiges von seiner inneren Struktur absehen
kann. Um Sahu-re s Pyramide herum ziehen sich deutlich erkennbar die Mauern der Um-
fassung, die auch den im Osten davor anzunehmenden Totentempel dieses Königs umschließen
und die vorn vor diesem den aus dem Tale aufsteigenden Aufweg zur Pyramide aulhehmen.
Von dieser Gruppe hatten wir aus den zu Anfang angegebenen Gründen die Pyramide
des Ne-user-re mit ihrer Umgebung für unsere Untersuchungen ausgewählt. Aber nicht allein
die vor dieser Pyramide bereits gemachten Funde hatten unsere Wahl bestimmt. Es kam
noch hinzu, daß wir das Re'-heiligtum desselben Königs, das etwa 20 Minuten davon im
NNW der Abusirgruppe in Abu Gurab liegt, soeben in dreijähriger Arbeit erforscht hatten.
Es mußte also, um ein möglichst abschließendes Bild von der Kultur und Kunst dieser Epoche
zu erlangen, für uns von besonderem Interesse sein, nun auch ein völlig gleichzeitiges Toten-
feld auszugraben.
Vorarbeiten. Erst seit den Arbeiten Perrings kann man genau genommen davon
sprechen, daß die Pyramiden von Abusir bekannt geworden seien. Bei den klassischen Autoren*
wird höchstens der Name des Dorfes Busiris, unseres Abusir, erwähnt, die arabischen Autoren^
notieren zwar, daß Pyramiden auch bei Busir lägen, aber selbst bei den Gelehrten der Description
de l'Egypte überwog noch das Interesse an den großen Pyramiden bei Gise so sehr, daß sie
denen von Abusir nur wenige Worte widmen. Ihre Karten'* geben nur bei „Abousyr" drei
topographisch nicht ganz richtig markierte „Pyramides en ruines" an, die in der beigegebenen
Erläuterung* als „en pierre, tres-degraclees, qui jadis ont ete revetues" bezeichnet werden. Die
Abbildung", deren Erklärung^ sogar besagt, daß die südliche der beiden nur dargestellten
Pyramiden „en briques" sei, gibt auch nichts von Belang. Nur der Text Jomards^ enthält
einige wesentliche und gute Beobachtungen. Er beschreibt nämlich die wohlerhaltenen Auf-
wege, die ein Charakteristikum unseres Pyramidenfeldes sincD
Bis dahin kann man eigentlich nur von gelegentlichen Notizen über unser Arbeitsfeld
sprechen. Erst mit der 1842 erschienenen Perring-Vyseschen Veröffentlichung über die
Gisepyramiclen erhalten wir auch über die von Abusir besseres brauchbares Material. Aber
1) Plinius hist. nat. 36, 16. Das dort genannte Dorf Busiris, dessen Einwohner gewohnt wären, die Pyramiden trotz
ihrer giatten Oberfiäche zu erklettern, kann wohl nur unser Abusir sein. Der Weg von Memphis zu den großen Pyramiden
führt über Abusir und so kann Plinius sagen, die großen Pyramiden befänden sich bei diesem, vielleicht einzigen größeren
an der Straße liegenden Dorfe. (Vgl. auch Watzinger, Griech. Holzsarkophage, S. 16, Anm. 3.)
2) Abd el Latif s. Perring-Vyse, operations etc. 11, 337.
3) Description de l'Egypte A. Vol. 5, pl. 1 u. Carte, flle 21 (Memphis).
4) a. a. O. vol. 10. S. 454. 5) a. a. O. A. Vol. 5, pl. 2 No. 3 u. 4. 6) a. a. O. vol. 10. S. 455.
7) a. a. O. vol. 3. S. 13.
8) Die Steinblöcke bis zu 6 u. 7 m Länge, die in diesen Aufwegen stecken sollen (Jomard a. a. O.), sind aber wohl
die riesigen Hintermauerungsblöcke des oberen Gangendes vor dem Totentempel des Sahu-re.
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gelegenen Teil befinden sich die jüngeren Bauten. Der größte davon ist die Pyramide des Königs
Nefer-er-ke'-re', die, wenn auch ihrer Bekleidung beraubt, noch in stattlicher Größe dasteht,
und seit der ersten Arbeit über den Bau der Pyramiden stets als klassisches Beispiel für
Lepsius' Manteltheorie angeführt wird. Ihr im Nordosten vorgelagert steht die Pyramide
des Ne-user-re, des Nachfolgers des Nefer-er-ke-re. Sie bildete im Jahre 1901 nur noch
einen unförmigen Hügel von etwa 25 m Höhe, an dessen Äußerem keinerlei Struktur mehr
zu sehen war. Im SSW vom Nefer-er-ke -re' erhebt sich nur wenige Meter hoch der Rest
einer unfertigen Pyramide. Von diesen dreien getrennt steht auf dem nördlichen, niederen
Teile des Hügels das älteste Bauwerk, die Pyramide des Sahu-re', ein roh gepackter Stein-
haufen, dem man aber bei näherem Zusehen noch einiges von seiner inneren Struktur absehen
kann. Um Sahu-re s Pyramide herum ziehen sich deutlich erkennbar die Mauern der Um-
fassung, die auch den im Osten davor anzunehmenden Totentempel dieses Königs umschließen
und die vorn vor diesem den aus dem Tale aufsteigenden Aufweg zur Pyramide aulhehmen.
Von dieser Gruppe hatten wir aus den zu Anfang angegebenen Gründen die Pyramide
des Ne-user-re mit ihrer Umgebung für unsere Untersuchungen ausgewählt. Aber nicht allein
die vor dieser Pyramide bereits gemachten Funde hatten unsere Wahl bestimmt. Es kam
noch hinzu, daß wir das Re'-heiligtum desselben Königs, das etwa 20 Minuten davon im
NNW der Abusirgruppe in Abu Gurab liegt, soeben in dreijähriger Arbeit erforscht hatten.
Es mußte also, um ein möglichst abschließendes Bild von der Kultur und Kunst dieser Epoche
zu erlangen, für uns von besonderem Interesse sein, nun auch ein völlig gleichzeitiges Toten-
feld auszugraben.
Vorarbeiten. Erst seit den Arbeiten Perrings kann man genau genommen davon
sprechen, daß die Pyramiden von Abusir bekannt geworden seien. Bei den klassischen Autoren*
wird höchstens der Name des Dorfes Busiris, unseres Abusir, erwähnt, die arabischen Autoren^
notieren zwar, daß Pyramiden auch bei Busir lägen, aber selbst bei den Gelehrten der Description
de l'Egypte überwog noch das Interesse an den großen Pyramiden bei Gise so sehr, daß sie
denen von Abusir nur wenige Worte widmen. Ihre Karten'* geben nur bei „Abousyr" drei
topographisch nicht ganz richtig markierte „Pyramides en ruines" an, die in der beigegebenen
Erläuterung* als „en pierre, tres-degraclees, qui jadis ont ete revetues" bezeichnet werden. Die
Abbildung", deren Erklärung^ sogar besagt, daß die südliche der beiden nur dargestellten
Pyramiden „en briques" sei, gibt auch nichts von Belang. Nur der Text Jomards^ enthält
einige wesentliche und gute Beobachtungen. Er beschreibt nämlich die wohlerhaltenen Auf-
wege, die ein Charakteristikum unseres Pyramidenfeldes sincD
Bis dahin kann man eigentlich nur von gelegentlichen Notizen über unser Arbeitsfeld
sprechen. Erst mit der 1842 erschienenen Perring-Vyseschen Veröffentlichung über die
Gisepyramiclen erhalten wir auch über die von Abusir besseres brauchbares Material. Aber
1) Plinius hist. nat. 36, 16. Das dort genannte Dorf Busiris, dessen Einwohner gewohnt wären, die Pyramiden trotz
ihrer giatten Oberfiäche zu erklettern, kann wohl nur unser Abusir sein. Der Weg von Memphis zu den großen Pyramiden
führt über Abusir und so kann Plinius sagen, die großen Pyramiden befänden sich bei diesem, vielleicht einzigen größeren
an der Straße liegenden Dorfe. (Vgl. auch Watzinger, Griech. Holzsarkophage, S. 16, Anm. 3.)
2) Abd el Latif s. Perring-Vyse, operations etc. 11, 337.
3) Description de l'Egypte A. Vol. 5, pl. 1 u. Carte, flle 21 (Memphis).
4) a. a. O. vol. 10. S. 454. 5) a. a. O. A. Vol. 5, pl. 2 No. 3 u. 4. 6) a. a. O. vol. 10. S. 455.
7) a. a. O. vol. 3. S. 13.
8) Die Steinblöcke bis zu 6 u. 7 m Länge, die in diesen Aufwegen stecken sollen (Jomard a. a. O.), sind aber wohl
die riesigen Hintermauerungsblöcke des oberen Gangendes vor dem Totentempel des Sahu-re.