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Borchardt, Ludwig; Deutsche Orient-Gesellschaft [Hrsg.]
Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir: 1902 - 1904 (Band 1): Das Grabdenkmal des Königs Ne-User-Re' — Leipzig, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36919#0020
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Grabdenkmal des Königs Ne-user-re'.

den Erfahrungen, die wir seit der Auffindung der Stadtmauer bei Abu GuraM hatten, die
genaue Ausdehnung des Torbaus bestimmen zu lassen. Weniger klar war die Lage des
Totentempels auf dem Plateau. Der von Barsanti freigelegte, oben beschriebene Mauer-
rest ergab nicht viel für die Ermittelung der Größe des Tempels. Die südliche Grenze
desselben konnte man wohl unter den Schuttbergen erraten, sie schien etwa mit der freige-
legten Basaltmauer zusammenzufallen. Das vordere Ende war durch den Abfall des Terrains
an seiner Stelle bestimmt, die nördliche Grenze, die Erbkam noch deutlich gesehen haben
mußte, war ganz verwischt und selbst bei niedrig stehender Sonne nicht mehr von der Pyra-
midenhöhe aus zu unterscheiden. Zwei oder drei gelbe Kalksteinecken, die später sich als
zur Nordmauer gehörig erwiesen, sahen zwar aus dem Schutt hervor, der Befund war aber
nicht so deutlich, als daß wir dort schon die Nordgrenze des Tempels vermutet hätten. Wir
ließen uns vielmehr durch einige Blöcke, die auf gleicher Höhe mit den Spuren der Tempel-
front lagen, — wie sich später herausstellte, war es die Nordostecke der Prinzessinnenmastaba
— verleiten, die Ausdehnung des Totentempels vorerst viel zu groß anzunehmen. Die Teile
des Tempels, welche direkt vor der Pyramide lagen, waren unter Schutt, der bis zu 6 m Höhe
haben mochte, tief begraben. Dort war überhaupt keine Möglichkeit, sich irgend eine Idee
von der Massenverteilung des Grundrisses zu machen. Von dem später „südlicher Eckbau"
benannten Gebäude sahen wohl einige Steine hervor; ob das aber Teile des Tempels oder von
einer Mastaba waren, darüber ließ sich auch nicht einmal eine Vermutung aussprechen. Vor
dem Pyramideneingang lag ein halbkreisförmiger, hoher Schuttrand, der einen unten geschlossenen
Trichter umgab. Dies waren Perrings Arbeitsstelle und seine Schuttberge, die, wie sich nach-
her herausstellte, mehr als 6 m hoch über Pflaster sich erhoben.
In der näheren Umgebung der Pyramide zeichneten sich Mastabas nicht ab. Erst die
der vorderen, östlichen Reihe, darunter namentlich die von Perring untersuchte^, waren gut
erkennbar, ebenso war von der Mastaba des Schepses-ptah nordöstlich von unserer Pyramide
nur das freiliegend, was de Morgan nicht wieder hatte verschütten lassen, d. h. zwei Räume
waren mit Holzdach versehen und durch eine eiserne Gittertür vor Unberufenen geschützt. Das
übrige war ganz, nur der Pfeilerhof fast ganz wieder unter Sand.
Dies war die oberflächlich sichtbare Beschaffenheit des Gebietes, auf dem wir unsere Arbeit be-
ginnen sollten. Was für eine großartige Anlage wir aus diesen Schuttmassen wieder haben erstehen
lassen können — wenn auch nur theoretisch rekonstruierbar—, das soll der folgende Abschnitt zeigen.
i) Re'heiligtum I, S. 7, Anm. 3. 2) a. a. O. S. 21 ff.


Abb. 4: Blick von der Pyramide des Ne-user-re' gegen Osten.
(Von einer Vorbesichtigung des Grabungsfeldes.)
 
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