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Borchardt, Ludwig; Deutsche Orient-Gesellschaft [Hrsg.]
Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir: 1902 - 1904 (Band 1): Das Grabdenkmal des Königs Ne-User-Re' — Leipzig, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36919#0102
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Grabgenkmal des Königs Ne-user-re'.

Form der Wappenpflanze der südlichen Landeshälfte und die obere Endigung des Vereinigungs-
zeichens. Beide weichen wesentlich von den späteren Gestaltungen derselben Formen ab.
Die Südpflanze hat noch nicht den im neuen Reiche^ üblichen irisartigen Charakter, sondern
sieht eher einer stilisierten, strammen Palmenkrone ähnlich. Das Mittelzeichen scheint oben
in eine Art Südpflanze oder auch Palme auszulaufen. Beide Eigentümlichkeiten treffen wir
auf den Thronen einiger der Chefrenstatuen^ des Kairener Museums wieder.
Der Thron scheint irgendwie transportabel gedacht zu sein. Unter ihm sind zwei kleine
Halbkreise angegeben, die man als Rädchen oder Walzen deuten mag.
Die Tracht der Götter, welche in unserer Szene mitwirken, ist die ihnen eigentümliche.
Die Göttin Nechbet trägt das übliche lange Frauenkleid mit den breiten auf den Schultern
geschlossenen Tragbändern und reichlichen Schmuck, Halsband, Brustschmuck, Arm- und Fuß-
ringe. Ihr Kopfputz ist die einfachere Geierhaubeeigentlich sind es nur zwei über die lange
Frauenperrücke gelegte Flügel nebst Schwanzfedern, denen das Charakteristische, der Geier-
kopf vorn, fehlt. An seiner Stelle erhebt sich eine Königsschlange.
In Wirklichkeit muß man sich die Göttin neben, nicht hinter dem Könige stehend
denken, etwa wie in manchen Familiengruppen aus dem alten Reiche die Frau neben
ihrem sitzenden Manne steht. Sie umfaßt ihn mit der Rechten, deren Fingerspitzen auf der
rechten Schulter des Königs sichtbar werden. Die freie Linke hängt herab und hält als
Zeichen ihrer Göttlichkeit die Schleife, welche Leben bedeutet.
Beim Gotte Anubis ist der Anschluß des Hundsgesichts an den Menschenkörper durch eine
große langstrehnige Haartracht verdeckt. Seine Tracht ist die gewöhnliche der Götter, kurzer,
zumteil plissierter Schurz mit Gürtel und Schwanz. Den Gürtel schließt vorn der bei der Götter-
tracht übliche Knoten. Als männlicher Gott hat Anubis weniger Schmuck als die Nechbet.
Wir haben die Einzelheiten der Tracht in unserer Szene so genau beschrieben, um zu
zeigen, daß hier jede Kleinigkeit überlegt und mit voller Absicht angebracht worden ist. Das
ganze Bild ist über und über gesättigt mit staatsrechtlichen und religiösen Insignien und
Anspielungen, die wir aber leider noch lange nicht alle verstehen. Viele mögen wir vielleicht
noch nicht einmal ahnen. Ein Verstoß gegen solche heraldische Dinge wäre für die Alten
etwa dasselbe wie für unsere Kenner falsche Uniformen auf offiziellen Schlachtenbildern.
Als Nebenfiguren sind unter dem Bilde in entsprechend kleinerem Maßstabe zwei Reihen
gebückt stehender „Gefolgsleute des .... Hauses" und „Gefolgsleute des Pharao" dargestellt,
welche ihre Stöcke ehrfurchtsvoll senken. Wir haben sie uns wohl zu beiden Seiten des
„schönen Weges vor (Seiner Majestät)" zu denken. Über die Inschriften, welche die Hauptszene
begleiten — die des unteren Streifens übersetzten wir soeben — mögen wenige Worte genügen.
Über dem Könige stehen seine Titel; in der Zeile vor ihm wird ein Gebäude namens
„Ne-user-re's Seelen sind dauernd" erwähnt. Vielleicht ist der ganze Vorgang in diesem Hause
stattfindend gedacht. Die Göttin hat ihre übliche Titulatur. Vom Gotte Anubis ist dieselbe
nicht erhalten, nur Reste seiner Rede: „.jede Freude (gebe ich Dir) und daß Du
ewig lebest .... daß Du (auf dem Throne des Horus sitzest) als König von Ober- und
Unterägypten ewiglich."
Am Thron steht endlich: „Alle Opfer" und „(Alle) Nahrung".
1) Borchardt, Pflanzensäule, S. 22.
2) Ä.Z. 1898, S. 8/9. Die bis jetzt noch offene Frage nach dem Alter der Chefrenstatuen wird hierdurch aber leider
immer noch nicht definitiv entschieden. ß) Vgl. L. D. 111, 18, 52, tßo K c usw.
 
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