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Borchardt, Ludwig; Deutsche Orient-Gesellschaft [Hrsg.]
Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir: 1902 - 1904 (Band 1): Das Grabdenkmal des Königs Ne-User-Re' — Leipzig, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36919#0103
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Abschnitt III, A: Totentempel.

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Auf der ehemals der Haupttür zum Allerheiligsten zugewandten linken Seite des Reliefs
an der rechten sieht man noch die Nischeneinfassung — begann wieder ein mindestens
ebenso großes Bild, dieses Mal ohne die untere Reihe der Gefolgsleute. Erhalten ist davon
nur ein nach links schreitender Gott (Abb. 68).
Leider ist diese Seite so abgescheuert, daß man
nicht einmal genau sagen kann, was für ein Ge-
sicht der Gott hatte. Vielleicht war es ein hunde-
köpfiger Anubis, der den König in den Tempel führte.
Die bessere Erhaltung des großen Bildes
ist übrigens im Wesentlichen dem Umstande zu
danken, daß einige der Farben es so dauerhaft
deckten. An den Stellen, wo weniger beständige
Farben gesessen haben, ist der Stein wie angefressen.
Der Vollständigkeit wegen sollen hier noch
einige Fragmente von ähnlichen großen Relief-
darstellungen wiedergegeben werden (Abb. 6 p),
ein Schulter- und Perückenstück einer großen
Götterhgur, ein sichtlich als knotiges Holz ge-
dachtes Götterszepter aus einem gleichfalls riesig
dimensionierten Bilde und ein Horn von einem
Königskopfputz. Auch einige große Inschriftreste
aus ähnlichen Bildern mögen hier ihren Platz finden:
„der König selbst... ", ^
„Horus, König von Unterägypten .
n(auf) den Wegen des Südens". Alles dies
zeigt, daß solche Bilder, wie das eben genauer beschrie-
bene, in Massen in unserem Tempel vertreten waren.
Es ist noch gar nicht so lange her, daß
es in der Ägyptologie als Axiom galt, daß wir
aus dem alten Reiche weder Standbilder noch
Abbildungen von Göttern hätten. Höchstens
eine Ausnahme wurde zweifelnd zugelassenb Bis
in Koptos die alten Minstatuen gefunden wur-
den, und in Abu Gurab und namentlich in
Abusir die Abbildungen der verschiedensten
Götter auftauchten. Besonders das große Relief
zeigt uns nun deutlich, daß, von stilistischen
Unterschieden abgesehen, die alten Götterdar-
stellungen den uns seit lange bekannten spä-
teren glichen wie ein Ei dem anderen. Es wird noch langer eingehender archäologischer
Untersuchungen bedürfen, bis festgestellt ist, wie viel, oder besser wie wenig, sich die




Abb. 68: Relief auf der Südseite der Kalksteinpiatte
des großen Tempelbiides (BI. 16).

1) L. D. II, 36, c.

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