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Braun, Emil
Antike Marmorwerke: 1. u. 2. Decade — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.4847#0008
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VIII

wenigstens angeben, warum er es derselben würdig hält. Von ihm darf man erwarten,
dass er sich mit demselben mehr beschäftigt hat als Diejenigen, welchen er es vorlegt.
Eine erschöpfende Kunde desselben darf man indess nicht von ihm fordern. Das wäre
zu viel verlangt. Zu dieser sollen eben die gemeinsamen Bemühungen der Gelehrten
von Fach verhelfen.

Gesetzt, es fände Einer ein Bruchstück eines alten Schriftstellers. Wollte er
dasselbe der Welt so lange vorenthalten, bis er über jedes Wort desselben ins Klare
gekommen sein würde, so dürfte es mit der Herausgabe eines solchen zuweilen lange
anstehen. In der That sind Fälle vorgekommen, wo die Welt Jahre lang vergebens
auf die Herausgabe wichtiger Denkmäler gewartet hat, weil, wer sie commentiren
wollte, damit nicht zu Ende kommen konnte.

Von einem solchen Vorwurf habe ich mich freihalten wollen. Der Text, mit
welchem ich die von mir gesammelten Denkmäler ausgestattet, soll nichts Anderes als
eine Anleitung zum Verständniss derselben enthalten. Ich habe mich dabei so kurz als
möglich gefasst, unnütze Citate durchaus beseitigt, meine Unkunde bekannt, wo ich es
für nöthig hielt.

Durch die consequente Durchführung dieser von mir angenommenen Methode haben
die Erläuterungen der Kupfertafeln ein sehr mageres Aussehen bekommen. Ich muss
es darauf ankommen lassen, ob man dies einer flüchtigen Behandlung des Gegenstandes
oder besonnener Schweigsamkeit beilegen will.

3Ian wird es vielleicht rügen, dass ich mit der Anführung literarischer Beleg-
stellen sparsamer, als recht, als es wenigstens Brauch ist, verfahren bin. Als Grund-
satz habe ich dabei festgehalten, keine Stelle zu citiren, die sich bereits in mythologi-
schen Repertorien angeführt findet. Bios in einzelnen Fällen, wo es die Deutlichkeit
zu fordern schien, habe ich mir von demselben abzugehen erlaubt.

Auch bei der Hinweisung auf andere Denkmäler habe ich dieselben lieber nach
ihrem Aufbewahrungsort oder nach ihrer Vorstellung citiren wollen, als nach Büchern,
in denen Jeder sie ohne Weiteres zu finden wissen muss, der archäologische Bildung
hat. Ich halte das Citiren nach Büchern und Kupfertafeln für nachtheilig. Es macht
träge und man versäumt, sich das Monument selbst im Geiste zu vergegenwärtigen.

Müllers Handbuch, welches den ersten flüchtigen, aber auch so höchst brauch-
baren Entwurf zu einem Repertorium der alten Kunstvorstellungen enthält, gestattete
auch nach dieser Seite hin eine Kürze, die man sich ohnedies nicht hätte erlauben
dürfen. Was in diesem Compendium angeführt ist, setze ich als bekannt voraus, ohne
durch Citate daran zu erinnern.

Es bleibt mir noch übrig, mich über die Grundsätze der Deutung von Kunstwerken
auszusprechen. Ich glaube, dass alle in dem einen enthalten sind, nichts Anderes aus
den Monumenten herauszulesen, als was der Verfertiger selbst hineingelegt hat. Dieser
Grundsatz ist von Gottfried Hermann für Homer geltend gemacht worden. Für die
Bildwerke hat er dieselbe Kraft. Die Worte, in welche ihn dieser grosse Gelehrte
zusammengefasst hat, finden daher auch auf unsre Studien die stricteste Anwendung;
man denke sich nur überall, wo der Dichter oder Schriftsteller genannt wird, den
 
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