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einleuchtend. Nach welcher Seite jedoch diese Frage entschieden werden
wird, eines steht fest, dass gerade bei Wandmalerei in erster Linie
römisch-italienische Einflüsse nachzuweisen sind, während bei der Buch-
malerei solche zwar nicht fehlen, diese (die Buchmalerei) jedoch im
Grossen und Ganzen weit konservativer an der karolingischen Tradition
festhält und also der altchristlicli-römische Kunstbrauch sekundär vor-
herrscht. Unmittelbare italienische Einflüsse sind allerdings auch vor-
handen und diese bewirken wenigstens, „dass die Verhältnisse richtiger,
das Oval des Gesichtes feiner, die Formen schlanker wurden, die antike
Gewandung einen einfacheren Fluss bekam und jenen aufgebauschten
Faltenwurf verlor, welchen die Mehrzahl der karolingischen Miniaturen
zeigte1)." Ebenso verursachte das Beispiel der Wandmalerei ein Streben
nach lebensvollerem kräftigerem Ausdruck der Empfindungen und Be-
wegungen. Versuche einer naturalistischen Schilderung und Ornamen-
tierung treten dicht neben erstarrte karolingische Formeln und stilisierte
Ornamente. Dennoch hielt man sich in der Darstellung der Ornamente2),
der Technik und Architektur der Randbordüren besonders, an die karo-
lingischen Tradition. Nur der Kampf zwischen Pflanzen- und Band-
ornamentik, dessen Anfänge bereits in die karolingische Zeit fallen, setzt
sich fort und endet mit der Niederlage der letzteren.
Wie stark und nachhaltig die karolingische Tradition wirkte, be-
weist der Umstand, dass die Hs. Cim 56 (München saec. XI) noch
ganz unter karolingischer Kunstweise war3). Ferner erweist sich ein
Lorscher Sacramentar (Fragment in der Erlanger Universitätsbibliothek)4)
aus der Wende des 10. und 11. Jahrhunderts in formeller Hinsicht
(Farbe, Dekorationsformen, Behandlung der Gewänder, antikisierende
Zeichnung der Köpfe) als noch vollständig unter karolingischer Beein-
flussung stehend.
Voege nahm, wie bereits erwähnt, eine Centralschule im Cölner
Domkloster an, welcher er eine Reihe von Denkmälern der Buchmalerei
zuschrieb. Dabei ergab sich0), dass der Aachener Ottonencodex und
die bekannte Hs. München Cim 58 dieser Schule entstammen, in deren
9 Janitschek, D. Malerei, S. 62. — Ein spezielles Charakteristikum
der deutschen Kunst des 10. Jahrhunderts sind die unverhältnismässig
langen Arme und grossen Hände.
2) Die Hauptmotive bilden immer noch der Mäander und die Palmette
in den verschiedensten Varianten.
3) Voege a. a. 0. S. 9. Anm.
4) Zucker, Repertor. f. Kunstwiss. XIV. S. 37.
5) a. a. 0. S. 44,
einleuchtend. Nach welcher Seite jedoch diese Frage entschieden werden
wird, eines steht fest, dass gerade bei Wandmalerei in erster Linie
römisch-italienische Einflüsse nachzuweisen sind, während bei der Buch-
malerei solche zwar nicht fehlen, diese (die Buchmalerei) jedoch im
Grossen und Ganzen weit konservativer an der karolingischen Tradition
festhält und also der altchristlicli-römische Kunstbrauch sekundär vor-
herrscht. Unmittelbare italienische Einflüsse sind allerdings auch vor-
handen und diese bewirken wenigstens, „dass die Verhältnisse richtiger,
das Oval des Gesichtes feiner, die Formen schlanker wurden, die antike
Gewandung einen einfacheren Fluss bekam und jenen aufgebauschten
Faltenwurf verlor, welchen die Mehrzahl der karolingischen Miniaturen
zeigte1)." Ebenso verursachte das Beispiel der Wandmalerei ein Streben
nach lebensvollerem kräftigerem Ausdruck der Empfindungen und Be-
wegungen. Versuche einer naturalistischen Schilderung und Ornamen-
tierung treten dicht neben erstarrte karolingische Formeln und stilisierte
Ornamente. Dennoch hielt man sich in der Darstellung der Ornamente2),
der Technik und Architektur der Randbordüren besonders, an die karo-
lingischen Tradition. Nur der Kampf zwischen Pflanzen- und Band-
ornamentik, dessen Anfänge bereits in die karolingische Zeit fallen, setzt
sich fort und endet mit der Niederlage der letzteren.
Wie stark und nachhaltig die karolingische Tradition wirkte, be-
weist der Umstand, dass die Hs. Cim 56 (München saec. XI) noch
ganz unter karolingischer Kunstweise war3). Ferner erweist sich ein
Lorscher Sacramentar (Fragment in der Erlanger Universitätsbibliothek)4)
aus der Wende des 10. und 11. Jahrhunderts in formeller Hinsicht
(Farbe, Dekorationsformen, Behandlung der Gewänder, antikisierende
Zeichnung der Köpfe) als noch vollständig unter karolingischer Beein-
flussung stehend.
Voege nahm, wie bereits erwähnt, eine Centralschule im Cölner
Domkloster an, welcher er eine Reihe von Denkmälern der Buchmalerei
zuschrieb. Dabei ergab sich0), dass der Aachener Ottonencodex und
die bekannte Hs. München Cim 58 dieser Schule entstammen, in deren
9 Janitschek, D. Malerei, S. 62. — Ein spezielles Charakteristikum
der deutschen Kunst des 10. Jahrhunderts sind die unverhältnismässig
langen Arme und grossen Hände.
2) Die Hauptmotive bilden immer noch der Mäander und die Palmette
in den verschiedensten Varianten.
3) Voege a. a. 0. S. 9. Anm.
4) Zucker, Repertor. f. Kunstwiss. XIV. S. 37.
5) a. a. 0. S. 44,