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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0047
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Drittes Kapitel. Aus Zeug gemachte Altarbekleidimgen 31

wie in Spanien. In manchen Diözesen wird sie nur noch an Festen ver-
wendet, in anderen aber nicht einmal mehr an diesen.

Der Grund für diesen Wechsel ist das Gegenteil von dem, was im Mittelalter
die Altarbekleidung als so wünschenswert erscheinen ließ, die reichere Ausstattung,
welche man im Gegensatz zu mittelalterlicher Gepflogenheit in neuerer Zeit dem
Altarstipes zu geben beliebte. Die prächtige Marmorummantclung, mit der man
schon im 17. Jahrhundert in Italien mit Vorliebe den Altarstipes versah, die glän-
zenden Reliefs und Intarsien, mit denen man die Front derselben schmückte, das
brillante Stuckmarmorkieid, das man ihm gab, ließen ein Antependium nicht bloß
überflüssig, sondern sogar als zweckwidrig erscheinen. Dazu kam, daß man in
Italien wieder manchen Altären Tischform gab, anfangs mit Säulchen oder Docken,
im späteren Barock mit Konsolen als Trägern der Mensa, und daß sich gleichzeitig
allenthalben eine neue Altarform herausbildete, die namentlich im 18. Jahrhundert
viele Verbreitung fand, die geschweifte Sarkophagform. Der Tischaltar und beson-
ders der Sarkophagaltar aber konnten einer Allarbekleidung nicht nur eher ent-
behren wie der Blockaltar, es paßten sogar die auf viereckigen Rahmen gespannten
Antependien, wie sie seit dem 16. Jahrhundert statt frei herabfallender Behänge
allmählich allgemein in Brauch gekommen waren, wenig zur Form des Tisch- und
Sarkophagaltares. In Deutschland, wo das Antependium bis in das 19. Jahrhundert
hinein sich wenigstens beim Hochaltar zu behaupten wußte, machte die um die
Mitte des Jahrhunderts einsetzende Wiederbelebung der christlichen Kunst infolge
der reicheren dekorativen und architektonischen Behandlung, die man dort nun dem
Altarstipes zuteil werden ließ, der weiteren Verwendung einer Altarbekleidung an
vielen Orten vollständig ein Ende. Allerdings krankte das Antependium sowohl
hinsichtlich der Form wie der Auslatlung, die es in der Zeit des Barocks erhalten
hatte, an mancherlei ünschönheiten und selbst Geschmacklosigkeiten. Ob es in-
dessen nicht richtiger gewesen wäre, diesen Schäden abzuhelfen und wenigstens für
die Sonn- und Festtage das altehrwürdige, durch eine viele Jahrhunderte hindurch
währende Verwendung als schön, würdig und zweckmäßig erprobte Parament zur
Verzierung des Altares beizubehalten? Eine edle, stilvolle Altarbekleidung ist ein
ebenso passender wie erhebender Schmuck der Stätte, auf der sich das erhabenste
Geheimnis des katholischen Kultus vollzieht.

DRITTES KAPITEL

Es lassen sich drei Klassen von Altarbekleidungen unterscheiden: Altar-
bekleidungen aus gewebten Zeugen, aus Metall und aus Holztafeln. Es dürfte
sich empfehlen, diese drei Arten in ihrer geschichtlichen Entwicklung ge-
sondert zu betrachten. Wir beginnen mit der aus Zeug hergestellten Altar-
bek leidung.

AUS ZEUG GEMACHTE ALTARBEKLEIDUNGEN

I. DAS MATERIAL UND DIE FARBE DER ZEUGALTARBEKLEIDUNG
1. Das Material. Die Altarbekleidung wurde von jeher mit Vorzug
aus Zeug hergestellt, und zwar gebrauchte man zu ihr, soviel als möglich,
die besten und kostbarsten Stoffe. Die hohe Würde und die
erhabene Bedeutung des Altares erheischte, so glaubte man mit Recht, daß
man das Vorzüglichste, was man zur Verfügung hatte oder beschaffen konnte,
zu seiner Ausstattung verwendete. Auf dem Altare wurde ja das unblutige
Opfer des Neuen Bundes dargebracht; er war deshalb das vornehmste Gerät im
 
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