Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0686
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
670 Siebenter Abschnitt. Die Altarschranken

des Heilandes, sowie zwei größere und vier kleinere silberne Engelflguren". Auf
dem Gebälk der Säulen schranken in S. Marco zu Venedig stehen, wie wir hörten,
ein Bild des Gekreuzigten, sowie die Statuen Marias, Johannes des Ev., elf weiterer
Apostel, sowie des hl. Markus.

Eine, Fülle von Bildwerk schmückt die Ikonostasis des griechischen
Ritus, die infolgedessen, oft im vollsten Sinne, eine Bilderwand ist. Wo immer ein
Plätzchen für Bildwerk sich zeigt, wird solches angebracht. Es erscheint dabei
in verschiedenen Zonen übereinander angeordnet, deren größere Ikonostasen bis
zu fünf aufweisen. Rechts von der heiligen Tür, auf der die Verkündigung dar-
gestellt zu werden pflegt, befindet sich stets ein Bild des Pantokrator, des Erlösers,
links von ihr ein solches der Gottesmutter. Sonstige auf der Ikonostasis regelmäßig
wiederkehrende Bilder sind Darstellungen der Hauptfeste des Kirchenjahres und
des Patrons der Kirche, Engel, Apostel und Prophetenfiguren sowie Figuren be-
sonders verehrter Heiligen. Oben erhebt sich auf ihr regelmäßig ein Kreuz. Alles
Bildwerk der Ikonostasis, auch die Figur des Gekreuzigten, ist in Malerei aus-
geführt.

Die dem "Westen eigentümlichen Lettner des späteren Mittelalters sollten
Architekturstücke sein, keine Bilderwände wie die griechische Ikonostasis. Nicht
das Bildwerk war bei ihnen die Hauptsache, sondern die Architektur und das
oft auf das reichste entwickelte architektonische Beiwerk. Es erscheint darum auch
nicht selten auf ein geringes Maß beschränkt, ja es fehlt bisweilen fast völlig, wo
es aber in ausgiebigem Umfang zur Verwendung kommt, erscheint es in der Regel
der Architektur durchaus untergeordnet, und bloß als dekorative Zugabe zu der-
selben. Auch besteht es vorherrschend, dieser seiner Bedeutung entsprechend, aus
Einzelfiguren, die unter Baldachinen auf Konsolen, in Nischen, oder unter Arkaden
angebracht sind. Mit szenischen Reliefs ist reich bedacht der Lettner in der Stifts-
kirche zu Gelnhausen (Tafel 184). Kultischen Charakter, wie das Bildwerk der heu-
tigen griechischen Ikonostasis hatte es nur, wenn und insoweit es einem etwa vor
dem Lettner aufgestellten Altar als Ersatz eines Retabels diente, wie z. B. die in der
Mitte des Lettners des Magdeburger Domes über dem Kreuzaltar angebrachte Kreuzi-
gungsdarstellung7. Ausgeführt ist das Bildwerk der Lettner entsprechend dem archi-
tektonischen Charakter derselben fast immer in Bildhauerarbeit und nur ausnahms-
weise in Malerei.

Gotische Altarschranken des vorhin genannten dritten Typus weisen bis-
weilen in der Bekrönung reicheren figürlichen Schmuck auf, so besonders die Hoch-
altarschranken in St. Marien zu Stendal, die in derselben unter einer Folge von
kielbogigen Arkaden in der Mitte eine Gruppe der Krönung Marias, rechts und
links je sechs Apostel und über ihrer Mitte ein großes Triumphkreuz zwischen
Maria und Johannes zeigen.

' L. P. n. 194 394 411 (Duch. I, 417 J5 27). ' Vgl. oben S. 259 und Tfl. 72.
 
Annotationen