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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0685

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Zweifes Kapüe). Die Beschaffenheit der Altarschranken g69

Zu Rom, und in der näheren wie weiteren Umgebung Roms, schmückte man im
12. und 13. Jahrhundert die Schranken mit Kosmatenmosaik. S. Cesario (Tafel 370)
und SS. Nereo ed Achilleo zu Rom, die Kathedralen zu Anagni und Ferentino,
S. Andrea al Fiume zu Ponzano Romano, S. Giovanni zu Palorabara (Tafel 364)
u. a., bieten vortreffliche Beispiele dieser Verzierungsweise, bei der man die
Schranken mit Mosaik fast ganz bekleidete. Durch prächtige Marmorintarsien
zeichnen sich die auch die Seitenschiffe durchquerenden Schranken in S. Miniato
bei Florenz aus. Bei den AItarschranken der gotischen Zeit, zumal den Schranken
des dritten und vierten Typus, überwog, dem Geist der Gotik entsprechend, der
architektonische Dekor, mit welchem sie oft in geradezu verschwenderischer Fülle
ausgestattet wurden. Durch ebenso reiches wie köstliches Frührenaissance-
ornament, das kaum ein Fleckchen unbedeckt läßt, zeichnen sich die Hochaitar-
schranken in S. Maria dei Miracoli zu Venedig aus, die reizendsten und edelsten
Altarschranken, welche die Renaissance geschaffen hat (Tafel 369).

Figürliche Darstellungen dürften an Schranken des ersten Typus weder
in altchristlicher Zeit noch im Mittelalter oft angebracht worden sein. Ein Beispiel
aus altchristlicher Zeit ist die in der Mitte mit einer Relieffigur der hl. Agnes, rechts
und links mit einer Nachbildung von Transennae geschmückte Marmorplatte, die
1884 bei Wiederherstellungsarbeiten in S. Agnese zu Rom entdeckt wurde, voraus-
gesetzt, daß sie wirklich von Altarschranken herstammt*.

Reich mit Bildwerk geschmückt sind zwei um 1200 entstandene Schranken-
platten in S. Restituta zu Neapel, die heute freilich nicht mehr ihrem ursprünglichen
Zwecke dienen. Beide sind durch Leisten, die auf der Platte mit einem Rankenfries,
an den Schrägen mit Akanthusbiätleni verziert sind, in fünfzehn, auf drei Zonen
verteilte, vertiefte Felder gegliedert. Als Füllung enthalten die Felder der einen
Schrankenplatte Szenen aus der Geschichte des ägyptischen Joseph (Tafel 366), die
der andern Darstellungen aus der Legende des hl. Januarius (obere Reihe), aus der
Geschichte Samsons (mittlere Reihe) und der Legende der Etil. Georg und Eustachius.
In der Zeit der Gotik dürfte man etwaige Altarschranken des ersten Typus wohl
kaum mit figürlichem Bildwerk ausgestattet haben. In der Zeit des Barocks
brachte man bisweilen an den Pfosten oder in den Füllungen von Schranken, die' zu-
gleich als Kommunionbank dienten, auf das hhl. Sakrament bezügliche symbolische
Darstellungen an, so z. B. bei prachtvollen marmornen Altarschranken dieser Art
in St-Pierre zu Löwen und in der ehemaligen Jesuitenkirche zu Köln.

An den Schranken des zweiten Typus, den Säulen seh ranken, fehlten im 0 s t e n
bildliche Darstellungen wohl selten, im späteren Mittelalter waren sie an denselben
geradezu Regel. Schon die Sehranken, mit denen Justinian den Altar der Hagia
Sophia ausstattete, war reich mit getriebenen Bildern geschmückt, wie wir bereits
hörten. Die Historia ecclesiastica deutet an, daß auf den Schranken sich ein Kreuz
erhob. Im Beginn des 9. Jahrhunderts spricht Patriarch Nicephorus* von Bildern,
die an den heiligen Schranken angebracht waren, um 1400 aber behandelt Simeon
von Saloniki bildliche Darstellungen an diesen als feststehenden Brauch, als ge-
wöhnliche Einrichtung*. Ihre Stelle hatten die Bilder an oder auf dem »oo/njnjf,
dem auf den Säulen lagernden und sie verbindenden Gebälk.

Auch im Westen staltete man das Gebälk der dort freilich nicht gerade häu-
figen Schranken des zweiten Typus bisweilen mit Bildwerk aus. So verzierte
Gregor III. (731—741) den Balken der Altarschranken in St. Peter, den er mit Silber
hatte bekleiden lassen, auf der einen Seite mit den Figuren des Erlösers und der
zwölf Apostel, auf der anderen mit denen Marias und heiliger Jungfrauen, Leo III.
(795—816) aber errichtete auf demselben über dem Eingang eine goldene Statue

* Vgl. über die Platle Böm. Quart. III (!889> 4 AnÜrrhet. 3, n. 45 (Mg. 100, 465).

o9 nebst Abb Tu. 1. Vgl. auch Bd. I, 353. 5 Vgl. oben S. 667.
 
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