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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0561

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SECHSTER ABSCHNITT

DER ALTAR ALS RELIQUIENALTAR UND
SAKRAMENTSALTAR

ERSTES KAPITEL

DER RELIQUIENALTAR

Der Altar konnte in zweifacher Weise zu Reliquien in Beziehung gesetzt
werden, bloß vorübergehend, indem man bei besonderen Gelegenheiten, wie
bei hohen Festen, Reliquienbehälter mit Reliquien als Schmuck wie zur Er-
höhung der Feier und zur Steigerung der Andacht auf ihm auf- und ausstellte,
nach dem Feste aber wieder entfernte, oder dauernd, so daß Reliquien und
Altar in diesem Falle in steter Verbindung miteinander blieben. Diese zweite
Art ihrer Beziehung zueinander konnte aber gleichfalls eine zweifache sein.
Erstens konnte man nämlich die Reliquien in der Weise unter oder im
Altar bergen, daß sie in Nachahmung eines Begräbnisses gleichsam unter oder
in ihm von neuem bestattet wurden, der Altar demgemäß die neue Grab-
stätte der Reliquien wurde und das unter oder in dem Altar befindliche Grab
derselben einen förmlichen Bestandteil des Altares darstellte. Es geschah das,
indem man sie bei der Weihe in dem unter oder im Altar angelegten sog. Se-
pulcrum beisetzte und dieses dann verschloß. Zweitens konnte man die
Reliquien aber auch in eine allerdings ständige und fortdauernde, aber nicht
innerliche, sondern lediglich Örtliche Verbindung mit dem Altar bringen,
und zwar in dreifacher Weise. Erstens, indem man dem Altarstipes
Kastenform gab, die so in ihm geschaffene Kammer mit einer Tür oder sonst
einem Zugang versah und nun die Reliquien in ihren Behältern in die Kam-
mer hinemsetzte. Zweiten«, indem man unmittelbar hinter dem Altar die
Reliquien in einem Bodengrab oder in einem auf dem Boden errichteten
Hochgrab beisetzte. Drittens, indem man die Schreine oder Reliquiare,
welche die Reliquien umschlossen, über dem Altar auf oder hinter seiner
Mensa nach Art eines Retabels oder auch in einem förmlichen Retabel auf-
stellte. In allen drei Fällen entstand keinerlei Altargrab, da die Reliquien,
wenn auch örtlich dauernd mit dem Altar verbunden, nicht in ihm gleichsam
em neues Grab erhielten, nicht zu einem wesentlichen Bestandteil des Altares
wurden. Man konnte deshalb auch in allen die Reliquien, ohne den Altar zu
verletzen und zu entweihen, und ohne eine innere Einheit zwischen ihm und
jenen, die ja nicht bestand, zu zerstören, zeitweilig oder für immer entfernen
sowie auch durch andere ersetzen. Wurden sie nun aber, statt in ein Altar-
grab eingeschlossen zu werden, in der einen oder anderen der drei Weisen
Braun, Der christliche Altar n. 35
 
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