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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0155

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Zweites Kapitel. Namen der Aftarvelen. 139

ZWEITES KAPITEL

NAMEN DER ALTARVELEN

Die Namen, unter denen uns die Altarvelen begegnen, sind gleich
denen der Altarbekleidung und des Überhangs derselben recht mannigfaltig.
Im Papstbuch erscheinen sie unter vier verschiedenen Benennungen.

Erstens unter der allgemeinen Bezeichnung velum, die aber gewöhnlich durch
den Zusatz altaris, in circuitu altaris oder durch sonst eine diesem inhaltlich gleich-
artige Beifügung näher bestimmt ist. Vela alba hosirica, ex quibus circumdatur altare
numero 4, heifit es z. B. in der Vita Sergii II.1. Vela rubea, quae pendent in circuitu
altaris 4 in der Vita Leonis IVA

Zweitens unter dem Namen p a n n i: In ciborio (der Laterankirche) optimos
de sifori et de fundato pannos appendit 4; nihilominus regni coelorum clavigero paris
in ciborio numeri pannos obtulit... in ecclesia s. Laurentü... aeque pannos optimos 4
in ciborio dedit3. Daß unter den panni hier und anderswo Altarvelen zu verstehen
sind, ergibt sich aus dem Zusatz in ciborio, durch den der allgemeine Terminus panni
seine besondere, engere Bedeutung erhält.

Drittens unter der Benennung tetravela, einem griechisch-lateinischen
Mischwort (irrga-velum). Tetravela nannte man die Altarvelen, weil sie einen Satz
von vier Veten zu bilden pflegten und an den vier Seiten des Altares bzw. des Altar-
überbaues, des sog. Ciboriums, angebracht waren.

Der Name tetravela kommt zuerst in der Vita Sergius' I. (687—701) vor: Fecit in
circuitu altaris suprascriptae basilicae tetravela 8, 4 ex albis et 4 a coccineo*. Häufig
begegnet er uns in der Vita Leos III., um dann aber völlig aus dem Papstbuch zu ver-
schwinden. In den folgenden Vitae heiflen die Vorhänge einfach vela oder panni.
Außer durch das Papstbuch ist der Name keineswegs bezeugt. Es ist darum durch-
aus unzutreffend, wenn man die Bezeichnung tetravela schlechthin als terminus
technicus der Altarvorhänge hinstellt; sie war nur eine vorübergehende Benennung.

Viertens heißen die Altarvelen im Papstbuch belothera (velothera), doch nur
in der Vita Stephani: Contulit belothera serica de blathi bizantea (byzantinischem
Purpurgewebe) 4 in circuitu altaris majoris (der Laterankirche)1*. Belothera ist ein
aus velum- und foiga gebildetes, jedoch verderbtes griechisch-lateinisch es Misch wort.

Im späteren Mittelalter führten die Vorhänge vornehmlich den
Namen c 0 r t i n a e, französisch courtines (corf ines), flämisch gor-
d i n e n , englisch curtains.

Cortinae, quae sunt in utroque latere altaris, sagt Durandus5. II cortinas albas
stragulatas pro cornibus altaris, lesen wir im Inventar des Nachlasses Richard Burys,
Bischofs von Durham (j 1345)9; cortinae altaris b. Virgines, cortinae duae in 15 pecüs
cum piscibus aureis usw. im Inventar des Domes zu Prag von 13557; 4 courtines de
soye de petite valeur pour le grant autel in einem Inventar von Notre-Dame zu Paris
von 14163; 9 gourdines pour pendre autour des autels in einem Inventar der Kathe-
drale zu Cambrai von 1377°; 2 gourdinez de cendal ä mettre autour le grand autel in
einem Inventar von Soignies von 1332*8. In einem flämischen Inventar von St. Dona-
tian zu Brügge vernehmen wir von twee roode gordinen van samite ghetraelget boven
med roden sidinen Unten. In einem englisch abgefaßten des Nonnenklosters Kilburn

1 N. 493 (Duch. II, 96). ■ S. S. Witts and inventories of the northern

■ N. 157 (1- =■ 116)- counties of England (London 1335) 25.

' Vita Nicolai I. n. 612 (1. c. II, 1G6). » Podlaha XXII.

* N. 162 (1- <:■ l, 375). " Revue archcol. XXVIII (1S74) 100- .

** N. 648 (Duch. II, 194). • Dehaisncs, Doc. 550.

1 Rationale I. 4, c. 39, n. 1. "• Ebd. 592.
 
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