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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0057

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DRITTES KAPITEL, MATERIAL. II. KAROLINGISCHE ZEIT 39

andere in die Kanonessammlungen des 11. und 12. Jahrhunderts aufgenommen
wurden. Gab ihnen das an sich auch noch keine allgemein verpflichtende Kraft,
so wurde doch das, was sie vorschrieben, dadurch allmählich auch anderswo
Brauch und damit schließlich daselbst wenigstens zur rechtlich bindenden Ge-
wohnheil.

Die früheste Bestimmung über das Material des Kelches begegnet uns in c. 10 der Synode
von Galechyt in England (785 bzw. 787): Vetuimus, ne de cornu bovis calix aut patina
fieret ad sacrificandum, quod de sanguine sunt. (68) Man hat irrigerweise gemeint, (69) die
Synode habe verboten Ochsenhörn er, wie sie als profane Trinkhörner gebraucht zu werden
pflegten, auch als Kelche zu verwenden, doch hätte davon abhalten sollen, daß sie nicht bloß
von Kelchen, sondern auch von Patenen spricht. Denn als Patenen konnten Oclisenhörner
ihrer Natur nach auf keinen Fall dienen. Was die' Synode untersagt, ist lediglich, Kelche
und Patenen aus Hörn herzustellen. Wenn sie das Verbot aber mit den Worten begründet:
Quod de sanguine sunt, so will sie damit zum Ausdruck bringen, daß ein Material, das aus
tierischem Blut erzeugt wurde, nicht als geziemend erachtet werden könne für Geräte, die
bestimmt seien, des Herrn heiligstes Blut und heiligsten Leib aufzunehmen.

Etwa um die Mitte des 9. Jahrhunderts beschäftigt sich die sogenannte Admonitio sjno-
dalis (70) mit dem Material des Kelches. Sie bestimmt, deiner dürfe sich vermessen, in einem
hölzernen oder gläsernen Kelche die Messe zu feiern. (71) Nach Hinkmars, des Erzbischofs
von Reims (■{•88s), Capitula soll der Dechant bei der Visitation der Kirchen auch zusehen:
Quo metallo sit calix et patena. (72) Vielleicht, daß metaüum lüer nicht Metall im heutigen
Sinne besagt, sondern eine weitere Bedeutung hat, da man noch in karolingischer Zeit unter
metallum auch Stein verstand, wie z. B. in dem Gebet, das bei Segnung der Portabilien über
diese gesprochen wurde. Immerhin beweist das Kapitulum, daß Hinkmar nicht jedes Mate-
rial als geeignet und zulässig zur Herstellung des Kelches betrachtete. Die Synode von Tri-
bur des Jahres 895 verbietet, die heiligen Geheimnisse weiterlün ne decus matris ecclesiae
imminuatur, sed magis cumuletur et honorificetur (73) irgendwie in Gefäßen aus Holz zu
vollziehen, was also bis dahin ersichtlich noch immer vorgekommen war. Von einem Ver-
bot gläserner Kelche findet sich in dem Kapitular der Synode nichts.

Erheblich weiter als die bisher genannten Verordnungen geht ein von Regmo von Prüm
(f gi5) in seiner Kanonessammlung angeführter. Ex concilio Remensi überschrieben er Ka-
non, der, weil in die späteren Kanonessammlungen aufgenommen, für die Folgezeit von
größter Bedeutung wurde. Er bestimmt, der Kelch müsse aus Gold oder Silber gemacht,
im Falle höchster Armut aber wenigstens aus Zinn angefertigt sein. Nie dürfe er aus
Kupfer oder Bronze bestehen, da der Wein in Kelchen dieser Art Grünspan verursache,
dieses aber Erbrechen hervorrufe. Auch dürfe sich niemand erkühnen, mit hölzernem
Kelche zu zelebrieren. (74) Nicht so streng zeigt sich freilich Riculf von Soissons (f 900)
in seiner Pastoralinstruktion von 889, wenn er in Kanon 7 derselben nur vorschreibt: Si
possibile f uerit, unusquisaue calicem cum patena argentea sive cuiuslibes metalli purissimi
babeat, (75) sofern er im Notfall auch andere Kelche als solche aus Silber oder sonst einem
ganz reinen Metall — gemeint ist wohl namentlich Zinn — vom Gebrauch nicht ausschließt.

Edgar, König der Angelsachsen (7 970), schreibt im &I. seiner kirchlichen Kanones vor,
es müßten alle Kelche, die zum Konsekrieren gebraucht würden, gegossen sein, also aus
Metall bestehen, und es dürfe keiner die Messe mit einem hölzernen Kelche feiern. (76)
Den Priester, der sich etwa vermessen sollte, mit einem Kelch aus Holz zu zelebrieren, be-
legen die Leges presbyterorum Northumbrensium von 900 mit einer Strafe von zwölf
öre. (77) Erzbischof Aelfric von Canterbury bestimmte, es dürften zur Messe nur Kelche

(68) H. in, 2075. (69) Vgl. Roh. IV, 95.

(70) Sie wird, doch ohne Grund, bald Leo IV., bald einer nicht näher bekannten Synode
von Reims zugeschrieben. (71) N. 6 (M. 115, 677). (72) N. 8 (H. V, 396).

(73) C. 18 (M. G. Capit. II, 223). (74) L. 1, c. 67 (Hartzh. II. 452). (75) M. 131, 17.
(76) H. VI, 662. (77) C. 15 (M. 138, 522).
 
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