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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0220

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198 VASA SACRA. ERSTER ABSCHNITT. DIE PATENE

solcher erst wieder nach der Beendigung des Pater noster verwendet wird, also
nicht wie in jenen auch in der Zwischenzeit. In dieser ruht sie nämlich nach
lateinischem Brauch nicht auf der Patene, die seit der Opferung bis zu dem
an das Paler noster sich anschließenden Embolismus bei nichtfeierlichen Mes-
sen unbenutzt rechts unter dem Korporale liegt, halb von diesem verdeckt, bei
feierlichen Ämtern aber bis dahin vom Subdiakon gehalten wird, sondern auf
dem Korporale, während sie nach den Riten des Ostens sich von Beginn an bis
zur Kommunion ohne Unterbrechung auf der Patene befindet.

ZWEITES KAPITEL

BENENNUNGEN DES GERÄTES

Die Zahl der Benennungen der eucharistischen Schüssel ist sehr gering. Im
Westen heißt diese seit altchristlicher Zeit fast nur patena. Wenn in den schrift-
lichen Quellen von ihr die Rede ist, erscheint sie von jeher immer wieder unter
diesem Namen. Belege anzuführen, ist nicht vonnöten. Aus dem Latein ist die
Bezeichnung auch in die meisten westlichen Volkssprachen übergegangen: pa-
tena (italienisch, spanisch), paten (englisch), Patene (deutsch), patene (fran-
zösisch). In französisch abgefaßten Inventaren des späten Mittelalters wie selbst
noch nachmittelalterlicher Zeit wird das Gerät oft verderbt platine genannt. So
heißt es z. B. in einem Inventar Karls VI. von Frankreich aus dem Jahre 1420:
Item un calice d'or... et en la platine un rout esmaille d'azur et dedans une
main qui seigne ä la croix; (1) in einem Inventar von St-Denis von i5o5: Un
calice... et sa platine, Ie tout d'argent dore; (2) in einem Inventar der Kathe-
drale zu Reims von 1669: Item une platine d'argent dore (3) und manchen an-
dern Inventaren. In einem englischen Inventar von St. Stephan, Coleman street
zu London von 1&66, wird die Patene patent genannt: In the patent therof an
ymage of the trinity. (4) Die Deminutivbezeichnung patella führt sie im Inven-
tar der Kapelle des Schlosses Giroussens von i443: Item unum calicem cum sua
patella argenti supra deaurati. (5)

Im klassischen Latein hatte patena (patina) die Bedeutung von Schüssel. Betreffs der
Etymologie des Wortes sagt Isidor von Sevilla: Patina, tjuod dispansis patentibusque oris Sit
lancis. (6) Die Liturgiker des Mittelalters haben diese Herleitung von patena von ilun über-
nommen. Patena dicitur eo, quod pateat; corda ampla cliaritate significat, belehrt uns z.B.
Amalar von Metz. (7) Patena a patendo, quod patula sit, lesen wir bei Walafried Strabo. (8)
A pateo dicas patenam, sagt Johannes von Garlandia in seinen Synonyma. (9) Die Ableitung
des Wortes patena von pateo (offen, weit sein) ist eine der vielen rein äußerlichen etymolo-
gischen Spielereien, denen wir im Mittelalter begegnen, die aber damals gefielen, weil man
an sie eine mystische Deutung anknüpfen konnte. In Wirklichkeit hat patena mit pateo
nichts zu tun; patena ist vielmehr ein Lehnwort aus dem Griechischen, das latinisierte
meriv)}, Schüssel.

(1) L. Douet d'Abcq II, 379. (2) Omoist 18. (3) Phosper Tarbe. Tresor des eglises
de Reims (Reims 1843) 70. (4) Archaeologia L, 46. (5) Revue XLI (1892) 500.
m Etym. 1. 20, c. 4 (M. 82, 715). (7) De eecl. o«. 1. 3, c, 27 (M. 105, 1147).

(8) De exordiis et inerementis quarundam in observationibus eccl. rertimc.24 (M. 114,951)-

(9) D. C. VI, 208.
 
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