Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0270

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
248 VASA SACRA. ZWEITER ABSCHNITT. DAS EVCHAR. SAUGRÖHRCHEN

und Wein getrennt von einander dargeboten habe. Nur dem Judas habe er den
Bissen eingetaucht gegeben und zwar, um ihn dadurch als Verräter zu kenn-
zeichnen, nicht um damit die Einsetzung des Sakramentes anzudeuten. (5) Si-
cher bestand demnach der Brauch wenigstens schon um das letzte Viertel des
7. Jahrhunderts, wenn auch wohl nur erst als eine Neuerung, die noch keine
große Verbreitung gefunden hatte. Eine Unterdrückung desselben hatte der
Kanon nicht zur Folge, er konnte sie nicht einmal bewirken, weil er nur parti-
kularrechtlichen Charakter hatte. Allgemein in Übung kam der Brauch nie,
doch dürfte er sich immerhin an manchen Orten eingebürgert haben. Nach
einem als Bestimmung einer Synode von Tours von Regino in seine Kanones-
sammlung aufgenommenen Kanon sollte sogar die konsekrierte Hostie, die für
etwaige Versehgänge vorrätig gehalten werden mußte, in das heilige Blut ein-
getaucht sein, damit der Priester in aller Wahrheit sagen könne: «Der Leib und
das Blut unseres Herrn Jesus Christus gereiche dir zur Vergebung der Sünden
und zum ewigen Leben.- Selbst dem Subdiakon, also nicht bloß den Gläubigen,
soll der Bischof nach dem Sakramentar von Corbie im feierlichen Amt die
Kommunion reichen in Gestalt des sacrificium mistum, d. i. eingetaucht in das
heilige Blut. Unter getrennten Gestalten sollten nur die Priester und Diakone
sie empfangen. (5a)

Um den Brauch zu begründen, bemerkt Bischof Ernulf von Rochester, dem-
zufolge er in keinem Widerstreit stand mit Christi Worten: Hoc facite in meam
commemorationem, er sei eingeführt worden aus Ehrfurcht vor dem allerhei-
ligsten Sakrament, um einem Verschütten des heiligen Blutes vorzubeugen und
um es dem Priester zu ermöglichen, ohne Gefahr das heilige Sakrament zu
spenden. (6) Ähnlich heißt es zu seiner Verteidigung in einer Handschrift der
Consuetudines Cluniacenses, man reiche bei der Kommunion eine in das heilige
Blut eingetauchte Hostie, wiewohl das gegen die Gepflogenheit anderer Kir-
chen sei, weil manche, zumal die Novizen, so ungeschickt seien, daß ein gele-
gentliches Verschütten des heiligen Blutes kaum vermieden werden könne, wenn
die Kommunion unter beiden Gestalten getrennt gespendet werde. (7) Auch
Johannes von Avranches (f 1079) hält in seiner Meßerklärung die Praxis, den
Gläubigen den Leib des Herrn eingetaucht in das heilige Blut zu reichen, für
statthaft, um einer Gefahr, das letztere zu verschütten, vorzubeugen. (8) Die
Verurteilung des Brauches durch die Synode von Clermont, partikuläre Verbote
desselben, wie das Paschalis'IL und der Synode von Westminster von 117»,
sowie seine Ablehnung durch einflußreiche Liturgiker, wie den Verfasser des
Micrologus und Innozenz III., brachten ihn im 12. Jahrhundert zum Aussterben
oder beschränkten ihn doch auf die Notfälle.

Die dritte Weise des Empfanges des heiligen Blutes bestand darin, daß man
dieses zwar getrennt von der heiligen Hostie aus dem Kelch genoß, aber nicht

(5) H. IH, 1033. (5a) Regln. De eccl. disciplina 1.1, c. 70 (M. 132, 206); M. 78, 243.

(6) Ep. 3 ad Lambertum (D'Achkry, Spieileßium III [ed. noval 471). (7) L. 2, c. 30 (M.
140, 721 Fußnote). (8) M.147, 37.
 
Annotationen