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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0398

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376 VASA SACRA. DRITTER ABSCHNITT. DIE MONSTRANZ

Schaugefäß. Wie in nachmittelalterlicher Zeit der zylindrische Behälter für das
Allerheiligste bei manchen Monstranzen mit türm- oder retabelförmigem Schau-
gefäß durch einen von Strahlen umgebenen kapseiförmigen ersetzt wurde, so
hat man auch bisweilen an seine Stelle einen Behälter des vierten Formtypus
treten lassen, wie z. B. bei der schönen Monstranz im Dom zu Chur und einer
Monstranz in St-Martin zu Lede in Belgien.

4. Spätmittelalterliche Sonderformen des Schaugefäßes der Monstranz. Ne-
ben Monstranzen mit pyxiden- oder laternenförmigem, türm- und retabelarti-
gem Schaugefäß begegnen uns auch als vereinzelte Erscheinungen, die sich zu
einem Typus nicht entwickelten, Monstranzen von abweichender Bildung des-
selben. So hören wir in einem Inventar von St-Cesaire zu Arles von 1/173 von
einer Monstranz in Taubengestalt, in der am Fronleichnamsfest das Allerhei-
ligste in der Prozession umhergetragen wurde: Unum reliquiarium argenti fac-
tum ad modum unius columbae, in quo portatur corpus Christi die festivitatis
eiusdem cum uno vitro in pectore et habet unum pedem argenti. Das heiligste
Sakrament befand sich hinter Glas in der Brust der Taube. (21) Vorbild für die
Monstranz mögen die eucharistischen Tauben gewesen sein, in denen man noch
im ausgehenden Mittelalter in Frankreich mehrfach das Allerheiligste schwe-
bend aufgehängt über dem Altar aufbewahrte. In der Kathedrale zu Lincoln
besaß man eine Statuette des Heilandes aus vergoldetem Silber, die auf sechs
Löwchen ruhte, in der Brust einen Behälter für das heiligste Sakrament trug
und an Ostern als eine Art von Monstranz gebraucht wurde. (22) Von einer Mon-
stranz in Form eines von zwei Engeln gehaltenen Kreuzes ist in den Inventaren
von N.-Dame zu Paris aus den Jahren i343 und 1.416 die Rede: Item quoddam
iocale pro deferendo corpus Domini in festo s. sacramenti argenti deaurati,
quod quidem iocale est scilicet quaedam crux, quam tenent duo angeli et est ibi
in summitate crucis quidam locus (Behälter) de crystalo rotundus et est sedes
seu pes de eodem esmalliatus, heißt es im Inventar von i343, une croix dore1,
que soustiennent deux angels tout pesant 12 mars (= ca. 3 kg) en laquelle 011
porte le-corps Notre Seigneur au jour du sacrement im Inventar von i4i6. Der
Behälter für das Allerheiligste befand sich nicht im Schnittpunkt der Balken
des Kreuzes, sondern wie aus dem Inventar von i343 erhellt, oben auf dem-
selben. Welche Form er hatte, ist dessen Angaben nicht mit Sicherheit zu ent-
nehmen. (23) Auch in anderen Inventaren hören wir, wenn auch nicht häufig,
von Monstranzen in Kreuzesform. So in einem Inventar von St. Paul zu London
aus dem Jahre 1/4O2: Item una crux cristallina pro corpore Christi imponendo
et deferendo in festo Corporis Christi et Paschae . . . cum pede et hasta ar-
genteis, (24) im Verzeichnis der 1567 von den Hugenotten in St-Germain zu
Auxerre geraubten Wertgegenstände: Une croix, dans laquelle le corps de Dieu
reposait durant les octaves de la Feste et oü il y avait aussy de la vraie croix (25)
und in einem Inventar von St-Maximin in der Provence des Jahres i5o4: Item

(21) GAi I, 415. (22) A. Welby Pugis, Glossary of ecclesiastical ornaments (London
1846) 181. (23) Revue archeol. XXVII (1874) 253, 398. (24) Archaeologia L, 514.

(25) Revuearcheol. XIV (1869) 380; das Kreuz diente zugleich als Monstranz und als Be-
hälter für eine Kreuzpartikel.
 
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