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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0462

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440 VASA XON SACRA. ERSTER ABSCHNITT. DIE KANNCHENSCHCSSBL

den gleichzeitigen Kelchen entnommene Entlehnung auch bei den Meßkännchen
ein reich ornamentierter, meist durchbrochener Korb ein, der den Behälter,
der in seinem oberen Teil ohne Ornament belassen wurde, bis etwa zu halber
Höhe desselben umkleidete (Tafel 83, Eichstätt; 84, Regensburg). In der Zeit
des Rokokos verschwand der Korb jedoch wieder. Der ganze Behälter wurde
nun einheitlich mit Ornament ausgestattet.

Von einer größeren Zahl einfacher und reicher verzierter Kännchen aus der
Zeit der Renaissance, die sich einst im Schatz der Michaelskirche zu München
befanden, haben sich vortreffliche Abbildungen aus dem Beginn des 17. Jahr-
hunderts erhalten. (11) Es ist lehrreich, diese mit vornehmem Geschmack und
verständnisvoller Rücksicht auf die Form mäßig ornamentierten Ampullen mit
den zwar prunkvollen, aber darum keineswegs schöneren Kännchen des Ba-
rocks und mehr noch mit den willkürlich gestalteten und ornamentierten des
Rokokos zu vergleichen.

Als Mittel zur Ornamentation der Meßampullen bediente man sich in nach-
mittelalterlicher Zeit vorzugsweise der Treibarbeit. Daher ist es fast ausschließ-
lich getriebenes Ornament, womit man sie geschmückt hat. Figürliche Treib-
arbeiten hat man nur ausnahmsweise an ihnen angebracht. Ein vereinzeltes Bei-
spiel bieten zwei silberne Meßkännchen französischen Ursprungs in der Hof-
kirche zu Dresden aus dem späten 17. Jahrhundert. Übrigens boten auch die
Meßampullen infolge ihrer geringen Abmessungen zu wenig Raum für Bild-
werk. Gravierung und Ziselierung treten meist nur in Verbindung mit Treib-
arbeit und als Ergänzung derselben bei den nachmittelalterlichen Meßkännchen
auf. Email scheint man bei diesen nicht verwendet zu haben; selbst die kleinen
Medaillons mit figürlichen Darstellungen in Maleremail, die uns an den Barock-
kelchen so oft begegnen, sind an den gleichzeitigen Meßampullen eine Selten-
heit. AU Beispiel sei genannt ein Kännchenpaar von 1711 in der Stiftskirche
zu Melk. (12) Mit Silberfiligran ist am Fuß und am Korb des Behälters ge-
schmückt ein Ampullenpaar von etwa 1700 im Dom zu Regensburg (Tafel 83),
ein Beweis, daß man dieses damals selbst zur Verzierung von Ampullen ge-
brauchte. Daß man Festtagsampullen in der Barockzeit auch mit Steinen,
wenn auch meist nur in Gestalt von Halbedelsteinen oder farbigen Glaspasten
schmückte, zeigen Ampullen im Dom zu Eichstätt (Tafel 83), im Dom zu Re-
gensburg, zu St. Paul in Kärnten, im Stift Melk u. a. Mit Bernstein umkleidet ist
ein Paar barocker Meßkännchen im Bayerischen Nationalmuseum zu München.

(11) Veröffentlicht von L. Gmelin, Alte Handzeichnungen nach dem verlorenen Kirchen-
schatz der St. Michaelshofkirche zu München (München 1888) Tfl. XIII ff.

(12) Abb. bei Weikgartser 310.
 
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