Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0482

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
460 VASA SOS SACRA. ERSTER ABSCHNITT. SOSDERGERÄTE IM OSTES

pain ä chanter, die innen wie außen mit Bildern in Gold auf blauem Email-
grund verziert war, allem Anschein nach ein älteres, dem Mittelalter entstam-
mendes Stück, im Inventar der Ste-Chapelle zu Paris von iö3a. (13) Becher-
form scheint eine Hostienbüchse gehabt zu haben, die im Inventar der Lateran-
kirche von i^55 als copula bezeichnet wird. (14) Immerhin dürften zylinder-
förmige Hostienbüchsen das Gewöhnliche gewesen sein.

Die Größe der Hostienpyxiden hing von der Menge der Hostien ab, die sie
aufnehmen sollten. In den Inventaren begegnen uns neben solchen, die aus-
drücklich als klein bezeichnet werden und nur etwa 6—7 Unzen wogen, andere,
die ebenso ausdrücklich groß genannt werden oder durch das ihnen beigefügte
Gewicht von 2 Mark und mehr als Behälter von erheblichen Abmessungen
kenntlich gemacht sind. Ein Deckel wird den Hostienbüchsen nie gefehlt haben,
erwähnt wird er in den Inventaren nur, wenn das Material, aus dem er bestand,
oder seine Verzierung Anlaß dazu gaben, wie z. B. bei Pyxiden im Inventar
Karls V. von 1379/80, einem Inventar Karls VI. von 1/120, im Inventar Cle-
mens' V. von i3ii, im Inventar der Laterankirche von i455, im Inventar der
Ste-Chapelle zu Paris von io32. Mit drei niedrigen Füßchen waren ausge-
stattet eine pissis ad reponendum hostias, die im Inventar Clemens' V. von i3n
verzeichnet ist, (15) sowie zwei Hostienbüchsen im Inventar des Herzogs Jean
von Berry von i4oi/3. (16) Eine boiste d'argent dore ä mettre pain ä chanter,
seant sur un pie, also wohl eine Hostienbüchse von der Form der mit Fuß ver-
sehenen Pixiden für das heiligste Sakrament, treffen wir in einem Inventar des
Herzogs Jean von Berry von 1^12 an, (17) das einzige Beispiel, das mir in
mittelalterlichen Inventaren begegnet ist.

Nur sehr wenige der in den mittelalterlichen Inventaren verzeichneten Ho-
stienbüchsen hatten eine reichere Ausstattung mit Hilfe von Email, Niello und
Gravierung erhalten. Da sie zu wenig des Bemerkenswerten bieten, ist es nicht
nötig, näher auf sie einzugehen. Sie wurden übrigens schon zum Teil erwähnt.
Mit Stickereien bekleidet waren zwei Hostienbüchsen, die im Inventar von
S. Francesco zu Assisi des Jahres 1870 erwähnt werden. Eine war auf dem
Deckel mit Zierplättchen und Perlen geschmückt. (18)

Von der Form und Ausstattung reicherer Hostienbüchsen, wie sie auch in
nachmittelalterlicher Zeit bisweilen entstanden, geben eine gute Vorstellung
drei vorzügliche Abbildungen von Hostienbüchsen dieser Art, die sich früher
in der Michaelskirche zu München befanden und zu Ende des 16. oder im Be-
ginn des 17. Jahrhunderts entstanden. Aus Silber bestehend und entweder ganz
oder teilweise vergoldet waren alle am Behälter wie auf dem Deckel in Treib-
arbeit und Ziselierung mit Renaissanceornament, Engelköpfchen und Wappen
völlig wie bedeckt. Bei einer der Hostienbüchsen saß der Behälter auf einem
flachglockenförmigen Fuß; auf dem Scheitel ihres Deckels erhob sich ein
Statuettchen (Tafel 87). Die Hostienbüchsen, die in den beiden andern Abbil-

(13) Revue archeol. VI (1848) 198. (14) Melanges d'archeol. et d'hiat. IX (1889) 166:
Item una copula cum copertorio de argento ad tenen das hostias.

(15) Regesti Clement V. app. I, 452. (16) Guiffrey II, 101. (17) Guiffuky I, 46.
(18) Archiv. Franc. VII (1914) 298.
 
Annotationen