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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0580

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558 VASA NON SACRA. DRITTER ABSCHMTT. DIE PAXTAFEL

laten und sonstigen Geistlichen, in feierlichen Messen aber nur den Laien, den
Geistlichen dagegen durch Umarmung. Wird er mittels einer Kußtafel ge-
spendet, so küßt der Zelebrans nach dem Friedensgebet zuerst den Altar und
hierauf die ihm vom Ministranten gereichte Kußtafel. Dann geht er zur Epistel-
seite und reicht hier die Tafel mit den Worten Pax tecum dem auf der Stufe
des Altares knienden Ministranten, der, nachdem er den Friedensgruß mit Et
cum spiritu tuo beantwortet hat, die Tafel unter Beifügung des Pax tecum dem-
jenigen zum Küssen überbringt, dem der Friedensgruß gespendet werden soll.
EineKußtafel alsMittel zur Erteilung desFriedenskussesgibt es nur im Westen;
die Riten des Ostens kennen eine solche nicht, noch haben sie je dieselbe gekannt.
Im Westen aber hat sie bei weitem nicht das ehrwürdige Alter, das der Zeremonie
des Friedenskusses selbst eignet, vielmehr stammt ihre Verwendung erst aus
verhältnismäßig junger Zeit, da sie erst im i3. Jahrhundert in Gebrauch zu
kommen begann. Am frühesten begegnet uns die Kußtafel in England, wo sie
bereits 1248 in den Statuten des Yorker Erzbischofs Walter Gray, 1287 in den
Statuten der Synode von Exeter, (3) iag5 in einem Inventar der Paulskathe-
drale zu London (4) und um i3oo in den Statuten des Erzbischofs Robert von
Winchelsey von Ganterbury erwähnt wird. (5)

Aus Frankreich und aus Deutschland liegen erst aus dem i4. Jahrhundert
Belege für den Gebrauch der Kußtafel vor. (6) Die erste Nachricht über die
Erteilung des Friedenskusses mittels einer Paxtafel, die wir aus Frankreich
haben, bietet ein Kanon einer um i3oo zu Bayeux abgehaltenen Synode, der
verbietet, mehr als zwei Personen weiblichen Geschlechtes die hier marmor
genannte Tafel zum Kusse zu reichen. (7) Etwa ein Dezennium später bestim-
men Statuten des Kartäuserordens, es solle in Zukunft der Friedenskuß in der
Kirche nur erteilt werden mittels tabula, in qua sit depicta imago Christi cru-
cifixi. (8) i328 verzeichnet das Inventar der Königin Klementine von Ungarn,
der Gemahlin LudwigsX., ung portepais d'argent, (9) i347 das Inventar einer
Johanna von Presles une pais d'argent et un crucifix ou milieu. Durandus von
Mende scheint den Gebrauch der Kußtafel noch nicht gekannt zu haben, da er
in den langen Erörterungen, die er in seinem 1286 verfaßten Rationale dem
Friedenskuß in der Messe widmet, ihrer mit keinem Wort gedenkt. (10)

Das früheste Zeugnis über die Verwendung einer Kußtafel, das aus Deutsch-
land vorliegt, findet sich in den Statuten der Prager Synode von i355. Die
Pfarrer sollen, so schreibt diese vor, ihre Pfarrkinder ermahnen, dem alten
Brauch entsprechend den nach dem Agnus Dei ihnen durch einen Kleriker
überbrachten Friedenskuß einander weiterzugeben. Falls sie dieselben aber
dazu nicht veranlassen könnten, möge ihnen eine Tafel mit einem Bild des Ge-
kreuzigten als Zeichen des Friedenskusses zum Küssen gereicht werden. (11)

(3J H. VII, 431, 1038. (4) Archaeologia L, 463. (5) H. VII, 1212, 1213.

(6) Eine in Limoger Email ausgeführte Tafel aus dem frühen 13. Jahrhundert im Cluny-
Museum zu Paris, die einen Heiligen unter einer rundbogigen Arkade darstellt (Abb. bei
Roh. VI, Tfl. 496), ist erst in späterer Zeit zur Kußtafel gemacht worden, sie war das nicht
auch schon ursprünglich. (7) C. 10 (H. VII, 1228) : Inhibemus firmiter et districte, ne pace
recepta a presbytero in altari, pluribus quam duabus mulieribus marmor tradatur deoscu-
landain. (8) N. 9 <M. 153, 1129). (9) Revue XLI (1892) 415. (10) L. IV, c. 52, 53.

(U) C.8 (Hartzh.IV, 406).
 
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