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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0599

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ZWEITES KAPITEL. MATERIAL UND ARTEN 577

Myller aber will eine Handglocke dann zum Glockenzeichen bei der Elevation verwendet
wissen, wenn an der Wand kein geeigneter Platz zum Anbringen eines Ziehglöckcbens sei.
Lehrreich für die Beliebtheit, deren sich noch im 16. Jahrhundert die Wandglöckchen er-
freuten, sind auch die der zweiten Hälfte desselben entstammenden von Hipler veröffent-
lichten Inventare ermländischer Kirchen. Wohl sind in denselben auch Handglöckchen,
campanulae manu gerendae, manu gcstibiles verzeichnet, doch sind in ihnen fast ebenso
zahlreich die campanulae pensiles, appensae, in einzelnen Kirchen sogar zahlreicher.

Eine allgemein verbindliche Vorschrift, bei den Elevationen ein Glocken-
zeichen zu geben, hat es im Mittelalter nicht gegeben. Selbst Verordnungen
partikularrechtlicher Geltung, in denen das zur Pflicht gemacht wird, sind nur
in geringer Zahl erlassen worden. Nicht ausdrücklichen kirchlichen Bestim-
mungen verdankt das Elevationsglöckchen seine Verbreitung, sondern dem
Brauch und der Gewohnheit. Allgemein vorgeschrieben wurde es erst durch
das Missale Pius' V., durch das sein Läuten auch für das Sanktus angeordnet
wurde; eine Neuerung, von der wir im Mittelalter nie hören. Selbst der Ordo
missae Burkards von Straßburg von i5o2 kennt noch kein Glockenzeichen zum
Sanktus. Der heilige Karl will in seiner Instructio fabricae ecclesiae, es solle
jeder Altar mit einem Elevationsglöckchen versehen sein; (39) das gleiche
schreibt 15g/j eine zu Avignon gehaltene Synode vor. (40)

Der gewöhnlichste Name des Altarglöckchens war zu aller Zeit campanula.
Minder häufig wurde es tintinnabulum oder nola genannt. Mit squilla, wovon
das deutsche Schelle sich herleitet, wurde es nur sehr selten bezeichnet. Belege
für diese Benennungen anzuführen, erübrigt sich, da sich solche im Voraus-
gehenden zur Genüge finden. Cymbalum (Zimbel, Klinsel, franz. carillon)
nannte man eine aus mehreren kleinen Glöckcben sich zusammensetzende Hand-
glocke. (41)

ZWEITES KAPITEL

MATERIAL UND ARTEN DES ALTARGLÖCKCHENS

i. Material. Bezüglich des Materials des Altarglöckchens ist wenig zu bemer-
ken. Es wurde stets meist aus Bronze hergestellt. Altarglöckchen aus Silber dürf-
ten zu keiner Zeit häufig gewesen sein. In den Inventaren ist nicht oft von sol-
chen die Rede. (1) Immer werden es nur Handglöckchen gewesen sein, die aus
Silber angefertigt wurden, nicht Wandglöckchen. Silberne Glöckchen waren, wie
ans den Inventaren erhellt, bald unvergoldet, bald vergoldet. Von einem Altar-
glöckchen aus Gold vernehmen wir im Inventar Karls V. von 1379: Une clo-
cliette d'or, dont le tenon est d'une fleur de liz et poise. ä tout Ie batant 1 marc
1 once (2) und im Inventar Karls VI.; Item une petite clochette d'or et au dessus
«n ront et dedans une fleur de lys a jour, pes. 7 onces, 5 est. (3) Es sind die
einzigen, die mir in Inventaren begegnet sind.

, (39) AA. Eccl. Med. 571. (40) Tit. 24 (H. X, 1850): Campanula ad altaria singula pe-
tita sit. (41) Belege folgen im nächsten Kapitel.

(1) Vgl. oben S. 576. (2) Labahte 54. (3) Douet d'Arcq II, 380.

fcRAia, DAS CHRISTLICHE
 
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