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II. Die Kirchenmalereien. 3. Aiiffassnng cler Malereien.
in Thränen aus und flehen, sie nicht zu verlassen. Maria aher giht die
Versicherung, nacli ihrer Aufnalime für sie und fiir alle Welt Sorge
tragen zu wollen. So nimmt sie den Umstehenden den grössten Theil
der Trauer. Darauf donnert es plötziicli, und auf vielen Wolken werden
von den Enden der AVelt die Jtinger Christi zum Hause der Gottesmutter
getragen, unter ihnen die Hierarclien Dionysios Areopagites, Hierotheos
und Timotheos. Nachdem sie gehört, weshalh sie liier zusammenkamen,
sprechen sie zu ilir: So lange Du auf Erden weiltest, tröstete es uns, in
Dir gleichsam unseren Herrn und Meister selbst zu sehen; wie werden
wir jetzt das Leid ertragen? Danach erscheint auch der gewaltige Paulus
und fällt ihr zu Piissen. Dann ninimt sie von allen Ahschied, fällt auf
das Lager zurück, hekreuzigt sich, hetet ftir die Ordnung und den Frie-
den der AVelt, segnet die Umstehenden, und so gibt sie ihren Geist in
die Hände ihres Sohnes und Gottes. Hierauf stimmt Petrus Abschieds-
hymnen an, die anderen Apostel tragen die Bahre, einige gehen singend
und Kerzen tragend voraus, andere folgen. Da nun liörte man auch die
Engel singen, und ihre Stimmen erfüllten die Luft. Die Anführer der
Juden aher reizten einen Theil des Volkes auf, die Bahre umzustossen
und den Leichnam herabzuwerfen. Doch schon ereilt die Gerechtigkeit
die Verwcgcnen und straft sie mit Blindheit. Einen herauht sie heider
Hände, den am rasendsten Vordringenden, der die heilige Bahrc berührte.
Seine rnchlosen Hä.nde, ahgeschlagen vom Schwerte der Gerechtigkeit,
hingen an der Balire, er aher hot einen jämmerlichen Anblick dar, his
er aus ganzer Seele gläubig wurde und die IJände wieder erliielt. Auch
die Blinden, die sich zum Glauben hekehrten, bekamen das Augenhcht
wieder. Die Apostel aher erreicliten Gethsemane, legten den Leichnam
in das Grah und verweilten hei ihm drei Tage lang, in stetem Anhören
der Engelstimmen. AVie sie nun das Grab öffneten, um nocli dem einen
von ihnen, der erst am dritten Tage herzukam, den ersehnten Anblick
der Todten zu verschaffen, da staunten sie. Denn sie fanden das Grah
leer, ohne den Leichnam, und darin nur das Leichentuch, das sichere
Zeugniss ihrer Aufnahme in den Himmel. Und so wird noch jetzt ihr in
den Felsen gehöhltes Grah vorgefunden und verehrt.
Was diese Erzählung mit schhchten Worten darlegt, ist in den
Gesängen verherrhcht und im Bilde gemalt. Die Apostel umstehen irn
Bilde die Balire, wie die Gesänge klagen 1: Irn Kreise um Deine Bahre
rufen die Apostel: „Du, des Königs Palast, gehest von dannen“; Paulus
ist zu Füssen der Gottesmutter, Petrus schwingt das Rauchfass. Aucli
1 „M-qvafov“, (15.) Avg., S. 71—73. Vgl. die Besclireibung: „'Epg-nvsia“, §. 354—
35G, „ Handbucli “, §. 394—396.
II. Die Kirchenmalereien. 3. Aiiffassnng cler Malereien.
in Thränen aus und flehen, sie nicht zu verlassen. Maria aher giht die
Versicherung, nacli ihrer Aufnalime für sie und fiir alle Welt Sorge
tragen zu wollen. So nimmt sie den Umstehenden den grössten Theil
der Trauer. Darauf donnert es plötziicli, und auf vielen Wolken werden
von den Enden der AVelt die Jtinger Christi zum Hause der Gottesmutter
getragen, unter ihnen die Hierarclien Dionysios Areopagites, Hierotheos
und Timotheos. Nachdem sie gehört, weshalh sie liier zusammenkamen,
sprechen sie zu ilir: So lange Du auf Erden weiltest, tröstete es uns, in
Dir gleichsam unseren Herrn und Meister selbst zu sehen; wie werden
wir jetzt das Leid ertragen? Danach erscheint auch der gewaltige Paulus
und fällt ihr zu Piissen. Dann ninimt sie von allen Ahschied, fällt auf
das Lager zurück, hekreuzigt sich, hetet ftir die Ordnung und den Frie-
den der AVelt, segnet die Umstehenden, und so gibt sie ihren Geist in
die Hände ihres Sohnes und Gottes. Hierauf stimmt Petrus Abschieds-
hymnen an, die anderen Apostel tragen die Bahre, einige gehen singend
und Kerzen tragend voraus, andere folgen. Da nun liörte man auch die
Engel singen, und ihre Stimmen erfüllten die Luft. Die Anführer der
Juden aher reizten einen Theil des Volkes auf, die Bahre umzustossen
und den Leichnam herabzuwerfen. Doch schon ereilt die Gerechtigkeit
die Verwcgcnen und straft sie mit Blindheit. Einen herauht sie heider
Hände, den am rasendsten Vordringenden, der die heilige Bahrc berührte.
Seine rnchlosen Hä.nde, ahgeschlagen vom Schwerte der Gerechtigkeit,
hingen an der Balire, er aher hot einen jämmerlichen Anblick dar, his
er aus ganzer Seele gläubig wurde und die IJände wieder erliielt. Auch
die Blinden, die sich zum Glauben hekehrten, bekamen das Augenhcht
wieder. Die Apostel aher erreicliten Gethsemane, legten den Leichnam
in das Grah und verweilten hei ihm drei Tage lang, in stetem Anhören
der Engelstimmen. AVie sie nun das Grab öffneten, um nocli dem einen
von ihnen, der erst am dritten Tage herzukam, den ersehnten Anblick
der Todten zu verschaffen, da staunten sie. Denn sie fanden das Grah
leer, ohne den Leichnam, und darin nur das Leichentuch, das sichere
Zeugniss ihrer Aufnahme in den Himmel. Und so wird noch jetzt ihr in
den Felsen gehöhltes Grah vorgefunden und verehrt.
Was diese Erzählung mit schhchten Worten darlegt, ist in den
Gesängen verherrhcht und im Bilde gemalt. Die Apostel umstehen irn
Bilde die Balire, wie die Gesänge klagen 1: Irn Kreise um Deine Bahre
rufen die Apostel: „Du, des Königs Palast, gehest von dannen“; Paulus
ist zu Füssen der Gottesmutter, Petrus schwingt das Rauchfass. Aucli
1 „M-qvafov“, (15.) Avg., S. 71—73. Vgl. die Besclireibung: „'Epg-nvsia“, §. 354—
35G, „ Handbucli “, §. 394—396.