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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0423
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VT. Die griechische Kunst zur Zeit der römischen Herrschaft.

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gegengesetzt. Leider sind wir nicht im Stande, eine grössere Zahl von erhal-
tenen Werken nach äusseren Zeugnissen der Schule des Pasiteles beizulegen.
Doch werden einem Auge, welches sich die Eigenthümlichkeiten, namentlich
der Gruppe des Menelaos, recht scharf eingeprägt hat, nicht selten Werke
begegnen, welche in ihrer ganzen Behandlung eine grosse Aehnlichkeit mit ihr
verratlien und, ohne auf einen glänzenden Effect Anspruch zu machen, doch
durch das sichtbare Streben nach Reinheit und Selbständigkeit vor der Masse
auch guter Copien sich vortheilhaft auszeichnen. Für die weitere Entwickelung
der Kunst in Rom war es auf jeden Fall von hoher Bedeutung, dass sich durch
diese Schule eine wesentlich neue, mit keiner früheren in unmittelbarem Zu-
sammenhange stehende Richtung Bahn brach.

Dass diese Erscheinung nicht vereinzelt stand, sondern in dem ganzen
Geiste der Zeit begründet sein musste, werden uns die Nachrichten über den
folgenden Künstler, einen Zeitgenossen des Pasiteles, lehren.
Arkesilaos.

Die Zeit seiner Thätigkeit wird genau dadurch bestimmt, dass er für den
von Caesar 46 v. Gh. G. geweihten Tempel der Venus Genetrix das Bild der
Göttin machte, welches wegen der Eile des Caesar schon vor der Vollendung
(vielleicht im Modell) aufgestellt und geweiht ward. Ein zweites Götterbild,
das der Felicitas, welches der dem Künstler befreundete L. Lucullus für 60,000 601
Sestertien bei ihm bestellt hatte, blieb wegen des Todes Beider unvollendet:
Plin. 35, 156. Da der bekanntere Luculi schon 56 v. Ch. G. nicht mehr lebte
(Cic. de harusp. resp. c. 9. Vellei. II, 49), so kann wohl nur sein Sohn gemeint
sein, welcher im Jahre 42 bei Philippi fiel, wenn wir auch nicht bestimmt
wissen, ob er den Vornamen Lucius hatte. Ein Werk aus Marmor befand sich
im Besitze des Varro: eine Löwin und geflügelte Amoren, die mit ihr spielen,
indem einige sie gefesselt halten, andere sie aus einem Home zu trinken zwingen,
noch andere ihr Socken anlegen: alles aus einem Marmorblocke: Plin. 36, 41.
Wahrscheinlich sind ihm auch die Kentauren, welche Nymphen trugen, beizu-
legen, die Plinius (36, 33) als im Besitze des Asinius Pollio befindlich anführt.
Denn dass hier die Handschriften auf die Namensform Arcesilas führen, ist
gewiss kein hinlänglicher Grund, einen zweiten Künstler anzunehmen; und dass
Plinius die Werke im Besitz des Pollio und des Varro nicht an einer einzigen
Stelle nennt, erklärt sich leicht aus der lockeren Anordnung seiner Excerpte
gerade am Ende des Abschnittes über die Marmorbildner.

Sein Ruhm beruhte nach Varro vornehmlich auf der Vortrefflichkeit seiner
Modelle; und dieselben sollen von den Künstlern selbst oft um einen höheren
Preis angekauft worden sein, als fertige Werke Anderer. Für das Gypsmodell
eines Krater Hess er sich z. B. von dem Ritter Octavius ein Talent bezahlen:
Plin. 35, 155—156. Nur von einem einzigen Werke dürfen wir noch jetzt
Nachbildungen zu besitzen vermuthen, sofern die als Genetrix bezeichnete Venus
auf einer Münze der Sabina (Müll. u. Oest. Denkm. a. K. II, 24, flg. 266) auf
das Original des Arkesilaos zurückzuführen ist. Die mehrfachen Wiederholungen
in Marmor (z. B. flg. 263 in Paris; andere im Vatican, in der Villa Borghese)
zeigen wenigstens so viel, dass dieser Typus, dessen vorzüglichste Eigenthüm-
lichkeit in einem dünnen, sich eng an den Körper anschliessenden Gewände
 
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