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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0115
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VT. Die Maler vom Ende des peloponn. Krieges bis zum Tode Alexanders d. Gr. 105

auch Nikophanes, desselben Pausias Schüler, wegen derjenigen Sorgfalt, welche
die Künstler allein zu würdigen pflegen, übrigens hart in den Farben und zu
verschwenderisch im Gebrauche des Ocker — [sein] Sokrates zwar gefällt mit
Recht Allen — von dieser Art sind sein Asklepios mit den Töchtern Hygieia,
Aegle, Panakeia und Jaso, so wie jener Träge, den man Oknos nennt, der ein
Strohseil flicht, welches ein Esel abnagt.i; Zuerst darf der Name Nikophanes,
den Raoul-Rochette anstatt des ungriechischen Mechopanes in Vorschlag gebracht
hat, jetzt durch die Autorität der Bamberger Handschrift als gesichert betrachtet
werden. Sodann aber wollte man in dieser Stelle früher die Erwähnung eines
zweiten, bis auf eine ganz dunkle Erwähnung bei Plinius i) unbekannten Ma-
iers Sokrates finden, und der Gegensatz des: nam Socrates iure omnibus placet
zu dem Tadel der vorhergehenden Worte würde dies grammatisch recht wohl
«Hauben. Das folgende „tales sunt eius" weist uns dagegen wieder auf den
ursprünglichen Tadel zurück und Sillig in der neuen Ausgabe des Plinius thut
daher gewiss recht, wenn er jene Erwähnung des Sokrates als einen Zwischen-
satz auffasst, in dem als eine Ausnahme ein Werk angeführt wird, welches
jener Tadel nicht trifft. — Mit dieser Stelle müssen wir eine andere, gleichfalls
bei Plinius 2) verbinden: „Hierhergehört auch Nikophanes, elegant und gefällig,
so dass hinsichtlich der Anmuth (venustate) wenige ihm verglichen werden
können. In Bezug auf hohe Würde (cothurnus) und Gewichtigkeit der Kunst
jedoch ist er von Zeuxis und Apelles weit entfernt." Die Zweifel, welche sich
aus der doppelten Erwähnung bei Plinius gegen die Identität der Person er-
heben liessen, sind leicht zu beseitigen. Denn erstens finden sich auch sonst
die Nachrichten über einzelne Künstler an verschiedenen Orten seines Werkes
zerstreut, was bei der Mannigfaltigkeit der nicht immer gleichzeitig von Plinius
benutzten Quellen nicht auffallen kann, namentlich da, wo Plinius, wie in der
zweiten der angeführten Stellen am Ende einer längeren Reihe allerlei Nachträge
ohne feste Ordnung an einander reihet. Hier jedoch bedürfen wir nicht einmal
dieser Entschuldigungen: denn einmal erscheint Nikophanes unter den Tafel- 1
malern, das andere Mal unter den Enkausten, so dass, wenn er in beiden Arten
tüchtig war, schon dadurch die doppelte Erwähnung gerechtfertigt wird. Es
fragt sich daher nur, ob die beiden Urtheile über die künstlerische Bedeutung
so weit übereinstimmen, dass sie auf eine und dieselbe Person bezogen werden
dürfen. Fassen wir die Mischung von Lob und Tadel in der ersten Stelle in
das Auge, so werden wir nicht umhin können, das Lob der nur den Künstlern
verständlichen Sorgfalt auf eine äusserst gefeilte und, wie wir wohl sagen, ge-
leckte Durchführung der Zeichnung im Gegensatze zur Farbe zu beziehen. Denn
gerade dadurch wird leicht die Einheit der Gesammttöne in den Farben zer-
stört und Härte im Golorit erzeugt. Wie aber dieses Urtheil bei Plinius gefasst
erscheint, hat es offenbar nicht einen Künstler, sondern einen Laien zum Ur-
heber. Dagegen spricht sich nun in der zweiten Stelle die Meinung eines
Künstlers aus. Ihm erscheint jene Sorgfalt der Zeichnung als Eleganz und
Feinheit in so hohem Grade, dass er in dem Lobe der venustas, der zierlichen
Anmuth, dem Nikophanes Wenige an die Seite stellen mag. Dieses Lob dürfen

!) 36, 32. 2) 35, 111.
 
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