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Buchner, Ernst [Editor]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0074
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daselbst oder den Engeln auf Grablegung und Auf-
erstehung des Passionsaltars, so wird der nahe Zu-
sammenhang des Bildes mit der Kunst unsres Mei-
sters olfenbar. Und die helle, bunte, etwas spröde
Farbigkeit, die hier auf das Komplement: Hellrot
— Grün, sowie auf kreidiges Weiß und Gelb abge-
stellt ist, bestätigt die Zuweisung.
Die Haupttätigkeit des Meisters von „1477" dürfte
also, wenn anders unsre stilkritischen Erwägun-
gen richtig sind, in die Zeit um 1470—00 fallen.
Daß sie bereits 1470 — vielleicht sogar einige Jahre
vorher — begann, besagen die gegenüber der Kais-
heimer Kreuzigung noch altertümlich wirkenden
frühen Werke, die Andreas-Achatiustafel und das
Liebersche Votivbild, sowie der Umstand, daß eine
schwerlich nach 1470 entstandene Augsburger Ar-
beit, der Weilheimer Altar des Meisters der Lands-
berger Geburt Christi, bereits die Einwirkung der
verschärfenden und verhärtendenKunstweise uns-
res Meisters aufweist. Starken und nachhaltigen
Eindruck hat der spitze, eindringliche, leicht auf
abgekürzte Formeln zu bringende Stil des Meisters
auf die Zeichner für die Augsburger Inkunabeln-
holzschnitte aus den Zainer'schen, Bemler'schen,
Sorg'schen Offizinen gemacht. Die scharfe, spitz-
nasige Typik, charakteristische Eigenheiten der
Gebärdung und Bewegtheit, die Prägnanz der Er-
zählung — hier sind Zusammenhänge zwischen
dem Werke des Meisters und den Holzschnitten,
die nicht zufälliger Natur sein können. Es darf
mit Fug angenommen werden, daß er der wich-
tigste Anreger für den frühen Augsburger Holz-
schnitt gewesen ist. Auch auf die gezeichnete
Der Meister der Hörl
Es ist ein derber, handwerklich gebundener, wenig
selbständiger Maler, dessen Tätigkeit in Augsburg
sowohl durch die Provenienz der Bilder als durch
die auf den Tafeln vorkommenden Augsburger
Bürgerwappen gesichert ist. Seinen Namen gebe

Buchillustration hat er gewirkt, wie die Feder-
zeichnungen zu einer 1400 geschriebenen Augsbur-
ger Chronik (Teile im Berliner Kabinett und in der
ehern. Sammlung Rodrigues, Verst. Kat. Nr. 241)
bezeugen. Als Zeichner setzt der Meister übrigens
— cum grano salis — die Augsburger Tradition fort.
Die künstlerisch allerdings schwächeren Illustra-
tionen eines Hektor Muelich dürften ihm bekannt
gewesen sein.
Nicht zu unterschätzen ist die kunstgeschichtliche
Bedeutung, die dem Meister innerhalb der Ent-
wicklung der Augsburger Malerei und Graphik zu-
kommt. Er hat mit rücksichtsloser Härte sein klar
umrissenes Stilideal durchgesetzt. Er hat den Bo-
den gelockert für die Arbeit des kommenden Ge-
schlechts. Die knappe, stoßende Schärfe seiner
Formensprache, seine eigenwillige, alles überspit-
zendeStilisierung, die aufgeregte, überhitzte, schlag-
kräftige Art seiner Erzählung haben ihre Wirkung
auf die junge Generation nicht verfehlt. Das war
der Maler, der in Augsburg den Ton angab, als
Hans Burgkmair und Jörg Breu in die Lehre ka-
men. Als Kolorist freilich hatte er der jüngeren Ge-
neration — allem Anschein nach — nicht viel zu
sagen. Nur auf Ulrich Apt d. Ä. scheint sein helles,
buntes, trockenes Kolorit Eindruck gemacht zu
haben. Daß eine Natur, wie Hans Holbein d. Ä.
nichts mit seiner grellen und lauten Art anfangen
konnte und wollte, versteht sich von selbst. Stark
war sein Einfluß auf ein paar annähernd gleich-
altrige oder wenig jüngere Augsburger Maler, deren
Persönlichkeit und Werk im Folgenden umgrenzt
werden soll.
Vitteischen Votivtafel.
ich ihm nach einer gestreckten Breittafel im Augs-
burger Maximiliansmuseum, die in der Mitte das
Abendmahl, an den Seiten die Augsburger Stadt-
heiligen Ulrich und Afra zeigt (Fichtenholz; lichte
Weite 70X177 cm). Das Bild ist eine Stiftung der

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