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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0114
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ner, so er von den altten paumaist. Anno 68 einge-
nommen hant und damit gantz außgericht und
bezallt 42 fl.
Das Gewicht dieser großen Büchse läßt darauf
schließen, daß Wiggau damit den schwierigen Guß
einer jener Riesenkanonen vollendet hat, wie sie
zu der Zeit als Repräsentationsstücke hei Fürsten
und Städten beliebt waren und als Sehenswürdig-
keiten in Zeughäusern oder auf öffentlichen Plät-
zen noch lange aufbewahrt wurden bis die Metall-
not in Kriegszeiten den meisten dieser sogenann-
ten Hauptstücke den Schmelztod brachte.
Vielleicht hat dieser als ein Meisterstück zu wer-
tende Guß dazu beigetragen, daß der Name des
Meisters auch außerhalb seinerVaterstadtberühmt
wurde. Denn wir finden im Ratsprotokoll von 1473
die Bemerkung, daß Steffan Wiggow sein burgk-
recht offgeben am donrstag vor weyhennächten
(23. Dez.). Von diesem Jahr an bis 1482 fehlt er
in den Steuerbüchern, war also auswärts.
Hier setzen nun glücklich die ergänzenden Anga-
ben der kamerbücher des Stadtarchivs München
ein mit folgenden Vermerken:
1473: zerung dem Meusl für maister Steffan
Weggam puchsenmeister den man besteh hat
auf 8 Jar und ist von Augspurg 2 5 k. für 3
gld. Rh. dem vorgen. Ptichsenmeister Meister
Steffan Weggam zu Gastgelt.
1474 erhält er 4 k für Fassung einer Büchse auf
Unsers Herrn Tor und von 1475 an einen Sold
von 12 und 18 k für jedes Quartal. Im gleichen
Jahre macht er Fassungen von Stein- und Tarras-
büchsen und 3 Messing-Model zu Kugeln. 1478 gießt
er 2 Reynstalen (Pfannenfüße) in die Mange und
2 lange Büchsen zu 25 Ctr. 73 und 12 Ctr. 27
wofür ihm 106 %% 29 hlr. bezahlt werden. Zum Guß
dieser und anderer Büchsen waren 6 Ctr. 93 %%
Swatzer Kupfer (aus Schwatz in Tirol), 12 Ctr.
Kupfer aus Nürnberg, sowie 51 Ctr. Kupfer aus
Ungarn bezogen worden.

Im Jahr 1479 erhält er außer seinem Geld als
Büchsenmeister Bezahlung für Fassung von Büch-
sen, für Guß eines Mauls an eine Büchse und für
sonstige Reparaturen an Hackenbüchsen. Im Jahre
1481 lassen eine Anzahl Ausgaben darauf schlie-
ßen, daß ein größerer Guß geplant war. Es wur-
den bezogen 8 Ctr. Zinn von Nürnberg, 40 Ctr.
Eyslebisch Kupfer (aus Eisleben).
1482 ist ein anderer Büchsenmeister der Stadt an-
gestellt und Wiggau erhält keinen Sold mehr, son-
dern nur Bezahlung gegen Arbeit. Er gießt 28 große
Hackenbüchsen zu 15 Ctr. und 197 Handbüchsen
zu 15 Ctr. 98 % wofür er 2 15 bezieht.
1m gleichen Jahre liefert er gegen 332 21 sein
großes Hauptstück genannt der Mönch für die
Stadt München: Maister Steffan von der grossen
newen puchsen, hat an gewicht 100 Centn. Das
Gußmaterial wurde teils aus den 1481 beschafften
Beständen, teils von unbrauchbaren älteren Bron-
zegeschützen entnommen.
Zu dieser großen Büchse gehörte ein Aufzug zum
Auflegen auf die Lafette, zu welchem Wiggau 1482
2 kupferin reder und 3 kloben und 10 scheiben im
Gewicht von 2 Ctr. 73 ^ goß. Der Wagner Schächl
lieferte: ,,den großen püchsenwagen zu der newen
puchsen die maister Steffan Wicha von Augspurg
gossen hat. Den Beschlag aus Lewbisch eysen (aus
Leoben in Steiermark) machte der Stadtschlosser
Hans Zuckseysen. Zuletzt beschoß man die große
Büchse, wofür Wiggau mit seinen Gesellen 1
als Trinkgeld erhielt.
Von der Größe der Büchse können wir uns unge-
fähr einen Begriff machen, wenn wir der noch er-
haltenen Dullen Griete in Gent gedenken. Viel-
leicht aber ist uns sogar ein genaues Abbild erhal-
ten in der großen Kanone auf dem eingangs be-
schriebenen silbernen Schützenzeichen. Wiggau hat
wohl im Jahre der Vollendung eines großen Haupt-
stückes, als er in der Stadt München hochgefeiert
wurde, den Münchener Büchsenschützen das

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